Langfristig betrachtet kommt niemand so einfach um das Thema Negativzinsen für Geschäftskund:innen herum – vor allem Unternehmer:innen oder Selbstständige. Dennoch gibt es kein einheitliches Vorgehen bei Banken, mit Negativzins umzugehen. Das heißt, wer sich einen Überblick über Banken und Sparkassen mit Negativzins verschafft, kann Negativzinsen zumindest vorübergehend vermeiden.
Laut dem Vergleichsportal biallo.de verlangen mittlerweile knapp 322 der rund 1.700 deutschen Banken und Sparkassen Negativzinsen von Privatkund:innen. Geschäftskund:innen werden bei 379 Instituten mit Negativzinsen belegt (Stand: Februar 2021) – Tendenz steigend.
Es gibt sie also noch – die Banken, die den Strafzins bisher noch nicht eingeführt haben oder bei denen die Freigrenze so hoch ist, dass der Negativzins nur sehr hohe Bankguthaben betrifft. Trotzdem ist ein Wechsel der Bank nicht zwingend die richtige Strategie, um Negativzinsen zu vermeiden.
Kein einheitliches Vorgehen der Banken mit Negativzinsen
Mal davon abgesehen, dass die Einführung von Negativzinsen für Verträge mit Bestandskund:innen rechtlich schwierig ist, gibt es keine einheitlichen Regelungen oder Vorgehensweisen, wie Banken und Sparkassen mit der Einführung von negativen Zinsen umgehen müssen. Entsprechend verfolgen die unterschiedlichen Geldinstitute ihre ganz eigenen Strategien. Die einen verlangen den Strafzins zunächst nur von Geschäftskund:innen. Privatkund:innen bleiben erst einmal verschont.
Die Höhe der Zinsen variiert ebenfalls. Während die einen den gesamten negativen EZB-Einlagensatz in Höhe von -0,5 % pro Jahr an ihre Kund:innen weitergeben, berechnen andere ihren Kund:innen weniger. Mit -0,12 bis -0,5 % macht die Volksbank Baden-Baden Rastatt die Höhe der Negativzinsen vom Verhältnis der Einlagen zum Gesamtvolumen eines Kunden oder einer Kundin abhängig. Banken wie die Sparkasse Bamberg, die Volksbank Gescher oder die VR-Banken Bamberg-Forchheim, Bayreuth-Hof und Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach verlangen sogar -0,6 %.
Andere vermeiden es, Negativzinsen als solche auszuweisen. Stattdessen erheben sie Gebühren für Tagesgeldkonten, um ihre Kosten zu decken. Durch diese Gebühren entsteht ein faktischer Negativzins, der jeden Kunden und jede Kundin unabhängig von der Höhe der Einlagen betrifft.
Freigrenzen für Negativzinsen
Die meisten Banken, die Negativzinsen von ihren Kund:innen verlangen, räumen ihnen zumindest eine Freigrenze ein. Damit wird nur auf das Guthaben, das diese Grenze übersteigt, der Negativzins erhoben.
Bei der Freigrenze ist es wie mit der Höhe des Zinssatzes: Angefangen bei 1.000 € reicht sie bei der Sparkasse Rotenburg-Osterholz, der Volksbank Dresden-Bautzen, der VR-Bank Ellwangen und der VR-Bank Ostalb bis zu einer Million €. Betrachtet man die Freigrenzen bei den deutschen Banken und Sparkassen, sind zwischen 100.000 und 250.000 € üblich. Es gibt aber auch Banken, die Negativzinsen bereits ab dem ersten Euro erheben.
Freigrenze ist aber auch nicht gleich Freigrenze: Als Kunde oder Kundin müssen Sie zusätzlich darauf achten, wie Banken oder Sparkassen das Limit berechnet. Bei Qonto gilt die Freigrenze von 100.000 € für ein Geschäftskonto inklusive Unterkonten. Die Comdirect Bank hingegen berechnet die Zinsen täglich auf Basis der Salden sämtlicher Konten einer Kundenverbindung nach Abzug des Freibetrags. Hierzu zählen neben dem Girokonto auch Tagesgeld-, Verrechnungs- und Wertpapierkreditkonten.
Unterschiedliche Optionen für Neu- und Bestandskund:innen
Planen Sie ein Unternehmen zu gründen und sind noch auf der Suche nach einem Geschäftskonto, haben Sie den Vorteil, sich für einen Anbieter zu entscheiden, der aktuell noch keine Negativzinsen verlangt.
Konditionen sorgfältig prüfen
Alternativ können Sie sich auch für eine Bank entscheiden, die zwar ein Verwahrentgelt verlangt, Ihnen aber eine angemessene Freigrenze einräumt. Sie müssen allerdings trotzdem damit rechnen, dass sich diese Konditionen jederzeit ändern können.
Während Banken und Sparkassen bei Neuverträgen ohne Weiteres entsprechende Konditionen festlegen können, benötigen sie bei Bestandskund:innen zwar eine einvernehmliche Regelung, um Negativzinsen oder Verwahrentgelte zu berechnen. Eine einfache Anpassung der AGB ist rechtlich nicht ausreichend.
Als Bestandskund:in müssen Sie einer solchen Änderung also ausdrücklich zustimmen. Weigern Sie sich, haben Banken aber das Recht, Ihnen zu kündigen. Ende 2020 drohte beispielsweise die Sparkasse Düsseldorf laut Berichten der Rheinischen Post Online selbst langjährigen Kund:innen, die sich weigerten, Negativzinsen zu akzeptieren, mit der Kündigung. Verhandlungen zu Sonderkonditionen in Bezug auf die Freigrenze oder die Höhe der Negativzinsen sind natürlich grundsätzlich möglich.
Unzulässige Gebühren bei Banken mit Negativzinsen
Ihnen steht es natürlich auch frei, die Entgeltinformationen oder die Erhebung von Negativzinsen gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Landgericht Tübingen (Az. 4 O 225/17) erklärt die doppelte Bepreisung einer Leistung beispielsweise für unzulässig.
Das Gleiche gilt für die Erhebung von Negativzinsen auf Tages- und Festgeldkonten, für die nicht von vornherein die Möglichkeit von Negativzinsen vorgesehen war. So ein Vorgehen widerspricht laut dem Landgericht Tübingen (Az. 4 O 187/17) dem ursprünglichen Vertragscharakter und ist damit nicht erlaubt.
Negativzinsen betrifft Unternehmen aller Größenordnungen
Während Verbraucher:innen aktuell oft noch von den Negativzinsen verschont bleiben, werden Geschäftskund:innen von vielen Banken bereits damit konfrontiert. Negativzinsen sind auch längst nicht mehr ausschließlich für große und vermögende Unternehmen relevant. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU)undEinzelunternehmer:innen müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie mit den Veränderungen der Finanzpolitik und deren Auswirkungen umgehen wollen.
Wer jetzt an einen Wechsel seiner Bank denkt, sollte sich allerdings bewusst sein, dass auch Banken und Sparkassen, die heute noch keine Negativzinsen verlangen oder ihren Kundinnen und Kunden sehr hohe Freigrenzen gewähren, mittel- und langfristig ihre Konditionen anpassen werden müssen, um auch in Zukunft ihre Kosten zu decken.
Ein Ende der Niedrigzinspolitik der EZB ist nicht in Sicht. Mit einem Anstieg der Zinsen ist daher in naher Zukunft eher nicht zu rechnen.
Strategien, um Negativzinsen für Geschäftskund:innen zu vermeiden
Wer keine negativen Zinsen zahlen möchte, hat neben einem Bankenwechsel durchaus weitere wirksame Möglichkeiten. So können Sie Ihr Guthaben auf mehrere Konten verteilen, Ihre Einlagen durch Investitionen verringern oder auf unterschiedliche Anlageformen setzen. Mit einem Tagesgeldkonto erzielen Sie aktuell zwar auch keine hohen Renditen, behalten aber jederzeit den Zugriff auf Ihr Geld. Bei Festgeld hingegen sind aktuell je nach Laufzeit, Anlagebetrag und Bank Zinsen in Höhe von bis zu 1,5 % pro Jahr möglich.
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