Zugegeben, als Selbstständige:r haben Sie meist andere Dinge im Kopf als die Altersvorsorge. Schließlich gibt es Dringendes zu erledigen, wie zum Beispiel die Kundenakquise, Buchhaltung und natürlich die laufenden Projekte, mit denen Sie Ihr Geld verdienen. All das muss kurzfristig erledigt werden. Verständlich, dass die Altersvorsorge auf der Liste der Prioritäten dabei nicht ganz oben steht.
Altersvorsorge: Was Selbstständige und Freiberufler:innen wissen sollten
Dabei ist die finanzielle Absicherung fürs Alter etwas, von dem Sie umso mehr profitieren, je früher Sie beginnen.
Doch welche Arten der Altersvorsorge gibt es? Und worauf sollten Sie vor Abschluss einer Altersvorsorge achten? In diesem Beitrag liefern wir einen Überblick über die verschiedenen Vorsorgemöglichkeiten für Selbstständige samt ihrer Vor- und Nachteile.
- Selbstständige und Freiberufler:innen sind in Deutschland in der Regel nicht gesetzlich zur Altersvorsorge verpflichtet, mit Ausnahmen für bestimmte Berufe.
- Zu den Möglichkeiten der Altersvorsorge zählen u.a.: Gesetzliche, private oder fondsgebundene Rentenversicherung, ETF-Sparpläne, Immobilien, berufsständische Versorgungswerke.
- Finanzielle Stabilität durch ein wirtschaftliches stabiles Geschäft geht vor Altersvorsorge.
- Das gilt auch für Existenzrisiken wie Berufshaftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung.
- Es ist auch sinnvoll, zunächst Kredite zu tilgen, bevor man in die Altersvorsorge investiert, da Kreditkosten meist höher ausfallen als die möglichen Renditen aus Renteninvestitionen
Welche Möglichkeiten der Altersvorsorge gibt es für Selbstständige und Freiberufler:innen?
Zunächst einmal gilt: In Deutschland sind Selbstständige und Freiberufler:innen in der Regel nicht gesetzlich dazu verpflichtet, fürs Alter vorzusorgen – mit ein paar Ausnahmen. Dazu zählen u.a.: Handwerker:innen, Kunstschaffende und Publizist:innen, Hebammen und freiberufliche Lehrer:innen. Angehörige dieser Berufe müssen sich pflichtversichern lassen.
Welche Berufsgruppen noch dazugehören, können Sie im Sozialgesetzbuch VI (SGB VI, Paragraph 2) einsehen.
1. Gesetzliche Rentenversicherung
Doch abgesehen von den Pflichtversicherten, haben auch alle anderen Selbstständigen die Möglichkeit, freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzusorgen. Das hat den Vorteil, dass bestehende Anwartschaften und Ansprüche beibehalten werden. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt darüber hinaus: “Auch wenn Sie Ihre Versorgung im Alter oder bei Erwerbsminderung und die Ihrer Angehörigen im Falle Ihres Todes absichern wollen, empfehlen wir Ihnen, sich zur freiwilligen Versicherung bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu informieren.” Auch die Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung liegt bei ca. 3 % und fällt damit besser aus als bei den privaten Rentenversicherungen.
Der Nachteil dieses Vorsorgemodells liegt in seiner geringen Flexibilität. Die Auszahlungsmöglichkeiten beschränken sich auf monatliche Raten, Sie können sich den Gesamtbetrag also nicht auf einmal auszahlen lassen. Auch vererben lassen sich die Rentenansprüche nur sehr begrenzt. Anders als bei Festangestellten, wo der Arbeitgeber die Hälfte der Sozialversicherung trägt, müssen Sie als Selbstständige:r die gesamte Beitragshöhe selbst bezahlen. Hinzu kommt, dass man heute nicht voraussagen kann, wie hoch die Beiträge und Steuern in Zukunft sein werden.
2. Private Rentenversicherung
Wer als Selbstständige:r mit der privaten Rentenversicherung liebäugelt, sollte sich vor allem gut beraten lassen, um im Versicherungsdschungel das passende Angebot zu finden. Die Vorteile in der privaten Rentenversicherung liegen darin, dass der Versicherte mit einer garantierten Mindestrente rechnen kann, die entweder auf einen Schlag oder in monatlichen Raten ausgezahlt wird und das lebenslang. Das gilt zum Beispiel auch dann, wenn er oder sie über 100 Jahre alt wird. Der Betrag kann auch über der Mindestrente liegen, es kommt darauf an, wie viel das Versicherungsunternehmen an Rendite generieren konnte.
Als Nachteile gelten die hohen Kosten und die Einschränkungen in den Investitionsmöglichkeiten, denen Versicherungsunternehmen zur Verfügung stehen. Daher fallen auch die Renditen eher gering aus.
3. Fondsgebundene Rentenversicherung
Anders als bei der konventionellen privaten Rentenversicherung sind die Investitionsmöglichkeiten in der fondsgebundenen Rentenversicherung vielfältiger und vor allem transparenter. Sie können die Investmentfonds, in die Ihre Beiträge fließen, selbst wählen oder die Entscheidung Ihrem Versicherer überlassen. Durch die vielfältigen Anlageoptionen haben Sie die Möglichkeit, Ihr Vermögen zu diversifizieren, was das Risiko verringert.
Der Vorteil: Sie haben die Möglichkeit, hohe Renditen zu erzielen. Der Nachteil liegt in der Unbeständigkeit Ihrer Investitionen, da Fonds auch Verluste verzeichnen können. Vor allem Aktien- und Rohstofffonds sind von Marktschwankungen betroffen.
Über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren bzw. Jahrzehnten haben allerdings nur wenige Fonds an Wert verloren, was natürlich nicht bedeutet, dass dies auch in Zukunft so sein wird.
4. ETF Sparplan
Auch mit einem ETF-Sparplan (Exchange Traded Fund) können Sie Ihr Geld in Aktien anlegen. Der börsengehandelte Indexfonds bildet dabei die Wertentwicklung von Marktindizes ab. Ihr Vermögen lässt sich so über ganze Märkte streuen. Das wiederum schmälert das Risiko. Zu den bekanntesten ETFs zählen der MSCI World, der 1600 Unternehmen auf der ganzen Welt beinhaltet, oder der S&P 500, der die größten US-Organisationen abbildet.
Das große Plus eines ETF-Sparplans liegt in seiner Einfachheit, Flexibilität und den geringen Kosten. Die geringen Gebühren liegen darin begründet, dass der ETF nicht aktiv von einem Fondmanger oder einer Fondsmanagerin betreut werden muss.
ETFs werden passiv verwaltet. Ihr Ziel ist es, die Performance eines Indexes (z.B. MSCI World) nachzubilden, was weniger Verwaltungsaufwand bedeutet.
Wer in einen ETF investieren möchte, kann online einfach ein Depot bei einer Direktbank oder Brokern eröffnen. Im Netz gibt es zahlreiche Anbieter. Die Onlineplattform Finanztip stellt eine Auswahl im Vergleich vor. Einmal eröffnet, können Sie passiv per Dauerauftrag jeden Monat Ihren Wunschbetrag einzahlen.
Doch auch bei ETFs gibt es einige Nachteile, auf die Sie achten sollten. Die Verbraucherzentrale warnt: “ETFs sind nicht für jedes Anliegen das richtige Produkt. Außerdem taugen die allerwenigsten zum Vermögensaufbau: Viele ETFs verfolgen keine günstige, maximal breit gestreute Anlagestrategie, sondern setzen auf bestimmte Branchen oder Themen. Sie sollten sich daher gut informieren, bevor Sie einen ETF kaufen und auf diese Auswahlkriterien achten.”
5. Immobilien
Immobilien gehören zu den beliebtesten Modellen für die Altersvorsorge bei Selbstständigen. Durch die Mieteinnahmen lässt sich zusätzliches Einkommen generieren und je nach Lage steigt der Wert der Immobilie mit der Zeit. Immobilien lassen sich, sofern gewünscht, dann auch wieder mit Gewinn verkaufen und in liquide Mittel umwandeln oder man zieht selbst ein und spart sich die Miete im Alter. Der Nachteil liegt in den hohen Anschaffungskosten. Auch Instandhaltungskosten oder Streit mit den Mietern kann schnell teuer werden.
Es gibt auch die Möglichkeit, auf andere Weise in Immobilien zu investieren, mit sogenannten Immobilienfondsanteilen. Dabei können Anleger:innen in gewerblich genutzte Immobilien investieren. Das funktioniert auch bereits mit kleineren Beträgen. Immobilienfonds gelten als Sachwertanlage. Renditen lassen sich durch die Wertsteigerung der Anlage und Mieteinnahmen erzielen.
6. Berufsständische Versorgungswerke
Bestimmte Berufsgruppen, wie zum Beispiel Architekt:innen, Rechtsanwält:innen, Notar:innen, Journalist:innen und Publizist:innen sind über berufsständische Versorgungswerke abgesichert. Diese Form der berufsständischen Altersversorgung dient als Äquivalent zur gesetzlichen Rentenversicherung für freiberufliche Kammermitglieder. Die Beitragshöhe orientiert sich an der gesetzlichen Rentenversicherung.
Wie viel Geld sollten Selbstständige und Freiberufler:innen für die Altersvorsorge einplanen?
Jetzt haben Sie sich einen Überblick über die verschiedenen Formen der Altersvorsorge verschafft. Doch wie viel Geld sollten Sie für Ihren Lebensabend einplanen? Das hängt stark von Ihrer individuellen Situation ab. Hierbei gibt es keine One-size-fits-all-Lösung. Es existieren jedoch einige allgemeine Grundsätze, an denen Sie sich orientieren können.
1. Bevor Sie mit der Altersvorsorge starten, ist ein etabliertes Geschäft mit einem gut aufgestellten Kundenstamm empfehlenswert. Denn erst dann haben Sie die nötige finanzielle Stabilität. Können Sie aufgrund einer vorzeitig abgeschlossenen privaten Rentenversicherung Ihre Miete nicht mehr bezahlen, gefährden Sie Ihre Existenz. Daher gilt: Ein ausreichendes Einkommen bildet die Basis für Ihre Altersvorsorge.
2. Ein weiterer Grundsatz lautet: Die Absicherung von Existenzrisiken hat Vorrang. Bevor Sie mit der Altersvorsorge starten, sollten Sie Ihre beruflichen Risiken absichern und eine Berufshaftpflicht- und Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Je nach Berufsfeld können zusätzliche Versicherungen notwendig sein.
3. Zahlen Sie derzeit einen Kredit ab? Auch dann ist es sinnvoll, mit der Vorsorge fürs Alter zu warten und zuerst die Schulden zu begleichen, da die Kreditkosten meist höher ausfallen als die möglichen Renditen aus Renteninvestitionen. Der Grundsatz also lautet: Kredittilgung geht vor.
4. Für Selbstständige ist es besonders wichtig flexibel zu bleiben. Schließlich können auf auftragsstarke Phasen die gängigen Projektflauten folgen. Eine ideale Altersvorsorge für Selbstständige besteht daher aus flexiblen Modellen für Einzahlungen und Entnahmen. Das bedeutet, in einkommensstarken Phasen sollte die Möglichkeit bestehen, mehr einzahlen zu können. Falls Sie eine Durststrecke überwinden müssen und Ihnen Liquidität fehlt, sollten Sie in der Lage sein, einen Teil des Geldes wieder zu entnehmen, um das Aufnehmen teurer Kredite zu vermeiden.
Sie sehen, die Altersvorsorge bietet zahlreiche Möglichkeiten. Um die beste Lösung für Ihre individuelle Situation zu finden, lohnt es sich, Zeit zu investieren, um die verschiedenen Modelle miteinander zu vergleichen und sich einen detaillierten Überblick über Ihre finanzielle Situation zu verschaffen. Dabei kann Sie auch eine Finanz- oder Vermögensberatung unterstützen.
Oftmals bietet sich eine Kombination aus mehreren Vorsorgemodellen an, wie zum Beispiel die freiwillige Rentenversicherung in Kombination mit einem ETF-Sparplan und Immobilien. So schaffen Sie ein solides Fundament für einen sorgenfreien Lebensabend.
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