Teamwork, Vorbereitung und Fokus: Wie Qonto ein Rekord-Fundraising gelang
Nirgendwo lag mehr Spannung in der Luft als im Hauptsitz von Qonto, bevor Qonto die erzielte Rekordsumme der Series-D-Finanzierungsrunde bekannt gab. Aus Vertraulichkeitsgründen mussten die Einzelheiten des Abkommens während des gesamten Prozesses selbst vor den meisten Qontoern geheim gehalten werden. Qonto Mitgründer und CEO Alexandre Prot hat sich wenige Tage vor der offiziellen Bekanntgabe der Rekordsumme Zeit genommen, um uns Einblicke in den Ablauf des Fundraisings zu geben. Er spricht auch davon, wie er und Mitgründer Steve Anavi diese Zeit erlebt haben.
Kannst Du jetzt, da die Einzelheiten des Fundraisings veröffentlicht wurden, durchatmen?
Nein, gar nicht! Neuigkeiten dieser Art sorgen für eine Menge Aufregung und Begeisterung. Es gibt Leute, die uns kontaktieren, um uns zu gratulieren und über eine mögliche Zusammenarbeit zu sprechen. Da ist es wichtig, weiter konzentriert zu bleiben und die Augen und Ohren offenzuhalten, um keine interessante Gelegenheit zu verpassen. Wir versuchen, in dem ganzen Trubel einen kühlen Kopf zu bewahren und fokussiert zu bleiben. Denn natürlich gibt es bei so guten Neuigkeiten auch weniger interessante Angebote und Feedback, das uns ablenkt.
Gab es im Laufe des Fundraisings einen Moment, an dem Du realisiert hast, dass ihr es geschafft habt?
Es gab mehrere Punkte, an denen wir verführt waren zu denken, dass wir es geschafft haben. Doch tatsächlich ist es erst geschafft, wenn wirklich alles unter Dach und Fach ist. Alle Etappen hatten ihre Wichtigkeit. Die erste war die E-Mail mit dem Termsheet, in dem Investoren ihre Investitionsabsicht erklären und ihre Bedingungen ausführen. Ein solches Termsheet zu unterschreiben ist ein großer Schritt, obwohl es nur ein paar Seiten lang und rechtlich nicht verpflichtend ist. In dieser Phase kann auch noch einiges schief gehen, auch wenn das nicht oft vorkommt, vor allem nicht bei Tech-Unternehmen.
Der zweite große Moment besteht in der Unterzeichnung der Vereinbarungen von Investoren und Gesellschaftern. Das sind längere und rechtlich bindende Dokumente, die von den Rechtsanwälten kommentiert wurden und bei denen es ums Kleingedruckte geht. Bei dieser Etappe muss man besonders sorgfältig sein.
Dann kommt die letzte Phase, in der man alle Dokumente zusammenfügt, sie unterschreibt und die zuständigen Behörden informiert. Aber erst, wenn die investierte Summe tatsächlich überwiesen wurde, kann man tatsächlich sagen: „Jetzt haben wir es geschafft”. Eigentlich ein banaler Vorgang – bestehend aus simplen Überweisungen – aber gleichzeitig der sichtbarste Beweis, dass die Abmachung unter Dach und Fach ist. Zu dem Zeitpunkt weiß man, dass man es wirklich geschafft hat.
Es fühlt sich so an, wie wenn man nach einer Wanderung endlich den Gipfel erreicht. Nachdem man so viel Zeit und Energie darein gesteckt hat, weiter zu kommen und sich denkt, „bald sind wir da“, erfordern diese letzten hundert Meter besonders viel Ausdauer, bis man endlich oben ist und weiß: „Jetzt haben wir es geschafft.“
Konntet ihr, endlich auf dem Gipfel angekommen, eine Weile lang den Ausblick genießen?
Ja, für einen kurzen Moment kann man sich erlauben, die Aussicht zu genießen. Aber dann muss man wieder zurück wandern! Man darf natürlich nicht vergessen, dass eine Errungenschaft wie diese enorm viel Verantwortung mit sich bringt. Investoren investieren in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Das, was man schon erreicht hat, ist wichtig, um zu zeigen, was in Zukunft möglich sein kann. Aber worum es jetzt geht, ist die Zukunft. Uns bleibt nichts anderes übrig, als unser fantastisches Team auszubauen und unseren Spitzenplatz in Europa zu festigen.
Welche Erkenntnisse aus früheren Finanzierungsrunden konntest Du in diese Runde mitnehmen?
Wir sind in jeder Runde besser geworden und dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen.
Erstens müssen wir nicht mehr beweisen, dass unsere Idee und Mission berechtigt sind und Sinn ergeben. Dank der Leistungen unserer Mitarbeitenden innerhalb der letzten fünf Jahre haben wir Investoren bereits davon überzeugt, dass wir solide, zuverlässig und wertvoll sind. Diese Glaubwürdigkeit haben wir uns als Team erarbeitet.
Der zweite Grund ist das Team selbst. Anfangs haben nur wir beiden Qonto Gründer unser eigenes Ding gemacht. Dann kamen Monat für Monat mehr talentierte Qontoer hinzu und haben Qonto zu einer Denkfabrik für smarte Ideen gemacht. Wir hatten das Glück, uns mit besonders kompetenten und fleißigen Mitarbeitenden mit ganz verschiedenen Hintergründen zu umgeben, die ihre eigenen, frischen Perspektiven eingebracht haben. Wenn etwas nicht funktioniert, dann hat jeder Qontoer die Möglichkeit – um nicht zu sagen: die Pflicht – Sachen in Frage zu stellen und Alternativen vorzuschlagen. Führt ein von uns eingeschlagener Weg in eine Sackgasse, können wir das also sehr schnell feststellen und unseren Kurs entsprechend anpassen. Das ist vielleicht unser größter Vorteil.
Außerdem sind wir besser vorbereitet. Vorbereitung ist immer wichtig, aber wenn es darum geht, Investoren zu finden, ist sie die goldene Regel. Im Laufe der Zeit haben wir gelernt, besonders akribisch zu sein. Am Anfang, als unsere Idee noch in den Kinderschuhen steckte, gab es für Investoren weniger konkrete Informationen zu überprüfen. Es ging mehr um unsere Vision und Worte. Es war abstrakter. In späteren Finanzierungsrunden wurden die Zahlen und Daten genauer untersucht. Visionen und Ideen spielen weiterhin eine wichtige Rolle, aber die harten Daten und Fakten sind bei Investitionsrunden wie dieser die wichtigste Währung und wir sind skrupelloser geworden, was unsere Effizienz betrifft. Wenn es darum geht, Mittel zu beschaffen, konkurriert man mit anderen Unternehmen um die Aufmerksamkeit der Investoren, um auf ihrem Radar zu erscheinen. Je besser wir vorbereitet sind, desto leichter ist es für sie, uns ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Wir waren bereit und sie waren bereit, an diesem Deal zu arbeiten.
Ein weiterer, externer Faktor, der uns geholfen hat, die richtigen Investoren zu finden, ist die Stärke des Fintech-Sektors ganz allgemein. In diesem Bereich bewegt sich mittlerweile viel mehr, als noch vor ein paar Jahren. Deswegen hatten wir den Eindruck, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Was bedeutet es für euch, eine Rekordsumme für Qonto gesammelt zu haben?
Unser Team ist natürlich sehr stolz, sowohl das Management-Team, das das Fundraising gesteuert hat, als auch die Qonto Familie als Ganzes. Ich bin beeindruckt, wenn ich an all die Arbeit denken, die Qontoer in Qonto gesteckt haben. Vor allem innerhalb eines Unternehmens, das so schnell expandiert und dessen Arbeitsprozesse sich ständig ändern, um dem Wachstum gerecht zu werden. Alle Qontoer sind stolz darauf.
Auch auf einer persönlichen Ebene würde ich sagen, dass ich zu einem gewissen Grad stolz auf das Erreichte bin. Aber jetzt kommt es darauf an, sich nicht auf seinen Lorbeeren auszuruhen und fokussiert zu bleiben. Wir sind stolz darauf, als ein so junges Unternehmen – denn mit fünf Jahren sind wir das noch – in diesem Maße durch den externen Markt bestätigt zu werden, und zwar in allem, was wir bis jetzt auf die Beine gestellt haben, und auch in unserer Vision für die Zukunft. Natürlich freuen wir uns, jetzt die Mittel zu haben, um noch weiterzukommen, um weiter Tools zu entwickeln, die unser Produktangebot noch wertvoller machen, und um unseren Kundenservice weiter zu verbessern. Die Investitionen sind für uns der Treibstoff, um weiter zu wachsen.
Wie kannst Du den Druck beschreiben, der mit einem solchen Fundraising verbunden ist?
Druck wird immer da sein, doch die Art ändert sich. Neue Investoren an Bord zu bringen sorgt natürlich für mehr Druck, aber ich würde sagen, auf eine positive Art. Es ist eher ein Druck, Bestleistungen zu erbringen und Höchstziele zu erreichen, als ein Druck, der aus der Angst vor dem Scheitern entsteht. Ich bin früher Marathons gelaufen. Um in diesem Bild zu sprechen: Man weiß, dass man es ans Ziel schafft, in der Hinsicht gibt es keinen Druck. Aber man macht sich selbst Druck, in dem man sich ein Ziel setzt und den Marathon in weniger als 3,5 Stunden schaffen will. Wenn man dann länger braucht, fühlt man sich enttäuscht, obwohl es ja immer noch eine bemerkenswerte Leistung ist.
Welchen Rat hast Du für Unternehmensgründer:innen, die Mittel einholen wollen?
Wir können natürlich nur aus unserer Erfahrung mit Qonto heraus sprechen. Und da die Funraising-Erfahrung von Qonto positiv war, fällt es uns schwer, anderen Unternehmer:innen ein anderes Vorgehen zu empfehlen.
Es ist hilfreich, von Anfang an sogenannte Business Angels zu haben, die den Unternehmenssektor kennen. Denn es geht nicht nur darum, Geld zu sammeln, sondern auch um das, was wir „smartes Geld“ nennen würden. Wir haben das Glück, auf unserem Weg von professionellen, institutionellen Investoren begleitet worden zu sein. Dank deren Know-how und tiefem Verständnis unseres Sektors konnten sie uns in wichtigen strategischen Fragen beraten: wie man ein Team strukturiert, in welche Richtung man sich geographisch erweitern sollte und wie man den richtigen Zeitrahmen für Fundraising-Runden festlegt.
Wenn man Investionen sichergestellt hat, sollte man das Geld anschließend weise ausgeben. Man muss schnell wachsen, aber nicht zu schnell. Wenn man zu schnell zu viel Geld ausgibt, kann das Investoren abschrecken. Zu wenig oder zu langsam investieren kann wiederum für eine zu schwache Wachstumskurve sorgen. Die richtigen Investoren können einem helfen, den geeigneten Plan auf die Beine zu stellen. Sie kennen das Terrain besser als die meisten Unternehmensgründer:innen. Sie lassen die Gründer:innen das Unternehmen führen, aber ihre Ratschläge sind sehr wertvoll.
Daher steht man mit professionellen, kompetenten Investoren, die von Anfang an dabei sind, am besten da.
Eine letzte Frage: Mit welchen drei Worten würdest Du am besten beschreiben, wie es Dir jetzt, nach dieser Bekanntgabe geht?
Es ist nicht leicht, alle Emotionen in drei Worte zusammenzufassen, aber ein Adjektiv ist vielleicht „erleichtert“, dass diese Finanzierungsrunde unsere Hoffnungen erfüllt und sogar überstiegen hat. Erleichtert, dass ein zäher und manchmal stressiger Prozess jetzt hinter uns liegt und Qonto einen Schritt weiter bringt.
Ich würde auch sagen, „voller Energie“, weil die Bestätigung durch die Investoren und der Einsatz so viel harter Arbeit des Qonto Teams uns neuen Schwung gibt, weiter zu machen.
Und wir fühlen uns sehr „entschlossen“. Denn die harte Arbeit ist noch lange nicht vorbei, ganz im Gegenteil! Jetzt haben wir keine andere Wahl, als die europäische Spitzenposition im Bereich Business Finance einzunehmen. Das ist schon lange unser Ziel. Jetzt haben wir die Mittel, um es zu erreichen.