Innergemeinschaftlicher Erwerb
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt vor, wenn eine Lieferung von einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union in einen anderen Mitgliedsstaat erfolgt. Es handelt sich dabei um eine besondere Form der Umsatzsteuer, die am 1. Januar 1993 eingeführt wurde.
Seit der Einführung ersetzt der innergemeinschaftliche Erwerb innerhalb der EU die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt), die seit der Aufhebung der Binnengrenzen und Zollkontrollen nicht mehr erhoben werden konnte.
Bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb gibt es zwei Akteure: den Lieferanten in dem einen Mitgliedsstaat und den Abnehmer der Lieferung im anderen Mitgliedsstaat, in diesem Falle der Erwerber. Bei der Lieferung fällt eine Umsatzsteuer an. Diese muss aber nicht von beiden Akteuren bezahlt werden.
Wer genau bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb zur Kasse gebeten wird und in welche Gruppen sich die Erwerber:innen einteilen lassen, klären wir im folgenden Abschnitt.
Wer ist beim innergemeinschaftlichen Erwerb steuerpflichtig?
Das Besondere: Im Gegensatz zu den normalen Vorschriften ist bei dieser umsatzsteuerlichen Regelung der Käufer oder die Käuferin der Ware dazu verpflichtet, die Umsatzsteuer für die Ware zu übernehmen.
Gleichzeitig wird der Verkäufer oder die Verkäuferin von dieser Steuer befreit. Es ist für alle Beteiligten einfacher, wenn die Umsatzsteuer vom Kunden oder der Kundin bezahlt werden muss, da die Steuer im Bestimmungsland der Ware zur Geltung kommt.
Zu den erwerbssteuerpflichtigen Personen im Falle eines innergemeinschaftlichen Erwerbs gehören alle Unternehmer:innen, die bereits zu allen normalen Regelungen der Umsatzsteuer verpflichtet sind. Neben dieser Gruppe unterliegen beim innergemeinschaftlichen Erwerb zudem die sogenannten „Halbunternehmer:innen“ der Umsatzsteuer.
Bei Halbunternehmer:innen handelt es sich um jene, die im vorangegangenen Kalenderjahr eine Erwerbsschwelle von 12.500 € überschreiten – ihre Erwerbe aus anderen EU-Mitgliedsstaaten überschreiten also diese festgelegte Grenze.
Zu den Halbunternehmer:innen gehören:
- Kleinunternehmer:innen
- Pauschal besteuerte Land- und Forstwirt:innen
- Unternehmer:innen, bei denen die Umsätze steuerfrei sind und die somit keinen Vorsteuerabzug erhalten
und juristische Personen, die nicht als Unternehmer:innen definiert werden oder nicht als Unternehmer:innen handeln.
„Juristische Personen“ kling vielleicht ein bisschen abstrakt. Im Grunde sind damit Personenvereinigungen oder Zweckvermögen gemeint, zum Beispiel ein eingetragener Verein oder eine Aktiengesellschaft. Die Land- und Forstwirte erhalten eine umsatzsteuerliche Sonderbehandlung, bei der dennoch vorgesehen ist, dass sie eine Umsatzsteuer zahlen.
Erwerbssteuerpflichtig ist ein Unternehmer oder eine Unternehmerin auch, wenn er oder sie ein innergemeinschaftliches Verbringen vornimmt. In diesem Sonderfall des innergemeinschaftlichen Erwerbs handelt es sich um eine „Quasilieferung“, bei der das Unternehmen eine Lieferung von einer ausländischen zu einer inländischen Betriebsstätte ausführt und sich die Lieferung somit selbst zukommen lässt.
Innergemeinschaftlicher Erwerb und die zusammenfassende Meldung
Die Grundlage für die Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs ist das Entgelt zusammen mit den Verbrauchsteuern im Land des Erwerbers oder der Erwerberin, die in manchen Fällen hinzukommen.
Damit der Lieferant bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Steuer befreit werden kann, muss dieser erst in seinem eigenen Land nachweisen, dass der Abnehmer oder die Abnehmerin der Erwerbssteuer unterliegt.
Durch die verpflichtende zusammenfassende Meldung werden die Angaben des Lieferanten und des Kunden oder der Kundin in der Korrektheit der Versteuerung kontrolliert. In der zusammenfassenden Meldung geben die Unternehmer:innen regelmäßig bei der Finanzverwaltung an, welche Unternehmer:innen in welchem Umfang innergemeinschaftliche Lieferungen und Dienstleistungen erhalten haben.
Da es sich hierbei um zwei getrennte Vorgänge handelt, müssen sie in der Buchführung des Unternehmers oder der Unternehmerin auch getrennt voneinander verbucht werden. Vorteil der zusammenfassenden Meldung: Die Mitgliedsstaaten übermitteln die Meldungen automatisch, damit die Angaben des Kunden oder der Kundin bei Bedarf mit der dazugehörenden Steuererklärung abgeglichen werden können.
Jeder beteiligte Unternehmer und jede beteiligte Unternehmerin kann für solche Zwecke durch seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von der Finanzverwaltung identifiziert werden. Die zusammenfassende Meldung beim innergemeinschaftlichen Erwerb ist also ein länderübergreifendes, praktisches System, um steuerliche Informationen über Unternehmer:innen schnell und zuverlässig überprüfen zu können.
Ein Beispiel zum innergemeinschaftlichen Erwerb
Wie genau läuft das Versteuern des innergemeinschaftlichen Erwerbs nun ab? Der Unternehmer oder die Unternehmerin bucht die anfallende Umsatzsteuer bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb auf das dafür vorgesehene Konto „Umsatzsteuer aus innergemeinschaftlichen Erwerb 19 %“ 1774 (SKR 03) bzw. 3804 (SKR 04).
Ein Beispiel:
Ihr deutsches Unternehmen erwirbt in Frankreich Waren im Wert von 5.000 €. Der französische Unternehmer stellt Ihnen die Ware ohne Umsatzsteuer in Rechnung. Die Besteuerung des Umsatzes findet nämlich erst in Deutschland statt. Ihren innergemeinschaftlichen Erwerb von 5.000 € müssen Sie mit 19 % versteuern, das wären also 950 € Umsatzsteuer. Diese anfallenden Kosten buchen Sie schließlich auf das dafür vorgesehene Konto.
Die meisten Unternehmen sind zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das bedeutet, dass der Unternehmer oder die Unternehmerin die Umsatzsteuer, die beim Kauf einer Ware anfällt, mit der Umsatzsteuer verrechnen kann, die er wiederum auf seine Produkte erheben muss. Die Belastung des Unternehmens beträgt in diesem Fall unter dem Strich 0 €.
Fazit: Innergemeinschaftlicher Erwerb
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt vor, wenn eine Lieferung von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat erfolgt. Dabei fällt eine Umsatzsteuer an, die jeweils vom Käufer oder der Käuferin der Ware, dem Erwerber bzw. der Erwerberin, bezahlt werden muss. Zu den steuerpflichtigen Erwerber:innen gehören Unternehmer:innen, die auch allen anderen Regelungen der Umsatzsteuer unterliegen sowie Halbunternehmer:innen, die die Erwerbsschwelle von 12.500 € innerhalb eines Kalenderjahres überschreiten.
Durch die zusammenfassende Meldung kann die Finanzverwaltung genau überprüfen, ob die Angaben von Lieferant:innen und Erwerber:innen stimmen und ob ein Abnehmer oder einer Abnehmerin einer Ware auch wirklich der Erwerbssteuer unterliegt. Diese Überprüfung wird mithilfe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorgenommen, die jeder Unternehmer und jede Unternehmerin besitzt.