Ist Ihr Unternehmen reif für den Aktienmarkt, ist der Börsengang eine gute Alternative, an Kapital zu gelangen, ohne dabei Einschränkungen Ihrer unternehmerischen Unabhängigkeit hinnehmen zu müssen. Gleichzeitig steigert er die Bekanntheit Ihres Unternehmens. Mit dem Börsengang kommen aber auch hohe Kosten und weitreichende Verpflichtungen bei der Unternehmensführung auf Sie zu.
Bevor Ihr Unternehmen an die Börse kommt, muss es bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Angefangen bei der Prüfung der Börsenreife über die Auswahl der Banken, die Bekanntmachung des Börsengangs, der Preisfindung für die Aktien bis hin zur Zuteilung und Zeichnung der Aktien steht Ihnen ein zeit-, arbeits- und kostenintensiver Prozess bevor.
Was heißt „an die Börse gehen“?
Als Börsengang oder Börseneinführung wird die Aufnahme von Aktien in den Handel einer Börse bezeichnet. In der Regel wird dieser Prozess von einer oder auch mehreren Investmentbanken begleitet. Im Englischen spricht man von going public oder initial public offering (IPO). In Deutschland gibt es insgesamt acht Börsenplätze, an denen der Parketthandel oder auch Präsenzhandel mit Aktien stattfindet. Hier zu zählen die:
- Frankfurter Wertpapierbörse
- Börse Berlin
- Börse Bremen
- Börse Düsseldorf
- Börse Hamburg
- Börse Hannover
- Börse München
- Börse Stuttgart
Der Frankfurter Börse sind darüber hinaus die elektronischen Handelsplattformen Xetra und Eurex zugeordnet.
Börsenreife: Die Voraussetzungen für den Börsengang
Um Aktien Ihres Unternehmens an eine dieser Börsen zu platzieren, muss es bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllen. Hierbei handelt es sich um gesetzliche und satzungsrechtliche Zulassungsvoraussetzungen und Folgepflichten, die objektiv und nachprüfbar sind. Erfüllt Ihr Unternehmen diese rechtlichen Kriterien nicht vollständig und uneingeschränkt, bleibt Ihnen der Weg an die Börse verwehrt. Obwohl es neben diesen Voraussetzungen keine weiteren zwingenden Kriterien für den Börsengang gibt, spielen weitere wirtschaftliche und organisatorische Anhaltspunkte eine Rolle bei der Frage, ob ein Unternehmen reif für die Börse ist.
Ob Ihr Unternehmen die rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Bedingungen erfüllt und damit reif für die Börse ist, zeigt eine Analyse seiner Stärken und Schwächen, der Wettbewerbssituation und des Börsenumfelds, die von einem unabhängigen Berater geprüft werden.
Die rechtlichen Voraussetzungen
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Börsengang ist die Unternehmensform eines Unternehmens. In Deutschland sind hierzu ausschließlich die folgenden Kapitalgesellschaften zum Handel an der Börse zugelassen:
- Aktiengesellschaft (AG)
- Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA)
- Europäischen Aktiengesellschaft, Societas Europaea (SE)
Firmiert Ihr Unternehmen unter einer anderen Gesellschaftsform, beispielsweise als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), muss es zunächst in eine der zulässigen Gesellschaftsformen umgewandelt werden.
Deutscher Corporate Governance Kodex
Deutscher Corporate Governance Kodex
Ist dieser Schritt getan und Sie sind entschlossen, den Börsengang zu wagen, machen Sie sich mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) vertraut. Die gesetzlichen Vorschriften zur Leitung und Überwachung börsennotierter Unternehmen in Deutschland sind im Wesentlichen im deutschen Aktiengesetz (AktG) geregelt. Der Kodex enthält darüber hinaus Empfehlungen und Anregungen sowie international und national anerkannte Standards zur guten Unternehmensführung. Ziel des Kodex ist, die in Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und -überwachung für nationale und internationale Investoren verständlich und transparent zu machen, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften und dem deutschen Kapitalmarkt zu stärken. Der Kodex stellt eine Selbstverpflichtung der Unternehmen dar. Entsprechend muss Ihr Unternehmen vor Börsengang auch in der Lage sein, die Vorschriften des Deutschen Corporate Governance Kodex zu erfüllen.
Publizitätspflichten
Publizitätspflichten
Das Stichwort Transparenz führt Sie auf direktem Wege zu Ihrer nächsten Verpflichtung: Der Publizitätspflicht. Vor dem Börsengang sind Sie verpflichtet, eine schriftliche Zusammenstellung der relevanten Unternehmensdaten sowie die Aktien- und Anleihebedingungen im Wertpapierprospekt, auch Emissions- oder Verkaufsprospekt genannt, zu veröffentlichen. Nach dem Börsengang warten weitere regelmäßige Publizitätspflichten auf Sie. Hierzu zählen der jährliche Geschäftsbericht, die Zwischen- oder Quartalsbericht, Ad-hoc-Mitteilungen, Aktionärsbriefe, die Hauptversammlung sowie die regelmäßige Kommunikation mit den Aktionären (Investor Relations). All diese Maßnahmen tragen dazu bei, Investoren dabei zu unterstützen, sich ein Bild von der wirtschaftlichen Lage zu machen, bevor sie in ein Unternehmen investieren.
Für die Aufnahme in den Handel am geregelten und amtlichen Markt muss Ihr Unternehmen zudem die formalen Kriterien des Prime Standard an der Deutschen Börse erfüllen:
- der Streubesitz (free float) weist innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mindestens 25 % auf
- der voraussichtliche Kurswert der Aktien beträgt mindestens 1,25 Millionen €
- es werden mindestens 10.000 Aktien ausgegeben
Wirtschaftliche Faktoren
Erfüllt Ihr Unternehmen die rechtlichen Voraussetzungen für den Börsengang, geht es weiter mit der Überprüfung der wirtschaftlichen Reife. Hier gibt es allerdings keine konkreten verbindlichen Richtwerte über die Höhe des jährlichen Umsatzes, mit dem ein Unternehmen als börsenreif gilt. Es geht vielmehr darum, ein Gesamtbild aus der bisherigen wirtschaftlichen Entwicklung, der Positionierung eines Unternehmens im Markt und im Vergleich zum Wettbewerb und seine Aussichten für die Zukunft anhand der wirtschaftlichen Kennzahlen zu erstellen. Aber nicht nur die Kennzahlen müssen überzeugen. Weitere Faktoren zahlen auf die wirtschaftliche Reife eines Unternehmens ein:
- die Kompetenz des Managementteams
- das Geschäftsmodell
- die Strategie für die Zukunft
- Umsatz- und Ergebnisplanung
- Wettbewerbspositionierung
Markt und Branche
Als Gründerin oder Gründer eines Start-ups wissen Sie bereits, wie wichtig der Innovationsgrad Ihrer Geschäftsidee sowie eine klare Wachstums- und Unternehmensstrategie und detaillierte Unternehmensplanung sind, um Investoren zu gewinnen. Überzeugt das Ergebnis der Analyse der wirtschaftlichen Faktoren die Investoren nicht von der Börsenreife Ihres Unternehmens, werden sie voraussichtlich trotz Erfüllung der rechtlichen Kriterien keine Aktien erwerben.
Wie hoch die Barrieren für den Börsengang liegen, hängt letztlich aber nicht nur von Ihrem Unternehmen, sondern auch vom Börsenklima ab. So kann ein positives Börsenklima mit einer größeren Zahl von Börsengängen Einfluss auf die Ansprüche des Kapitalmarkts an den Grad der Börsenreife haben.
Startklar für den Börsengang?
Bevor es endgültig losgehen kann, müssen Sie Ihr Unternehmen organisatorisch so aufstellen, dass das Controlling sowie das interne und externe Rechnungswesen an die Erfordernisse des Kapitalmarktes angepasst sind. Zudem muss Ihr Unternehmen über ein kompetentes Managementteam und ein zuverlässiges Risikomanagementsystem verfügen sowie eine transparente Unternehmens- und Organisationsstruktur aufweisen.
Von der Analyse und Planung über die Durchführung bis hin zum Börsengang rechnen Experten mit einem Zeitraum von mindestens einem Jahr. Haben Sie die Zulassungsvoraussetzungen für den Börsengang bzw. die Börsenreife Ihres Unternehmens geprüft, stehen Sie immer noch am Anfang eines besonders zeit-, kosten- und arbeitsintensiven Projekts. Eine Aufgabe, die Sie ohne Hilfe ausgewiesener Experten allein kaum bewältigen können. Zudem können Sie sich keine Fehler erlauben, die den Börsengang verzögern oder sogar verhindern. Vertrauen Sie auf Ihrem Weg an die Börse daher auf unabhängige Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Banken, Wirtschaftsprüfer:innen, Steuerberatungen, Rechtsanwaltskanzleien und PR-Profis, die Sie mit ihrem Know-how unterstützen.
Die richtige Bank für Ihren Börsengang
Im nächsten Schritt steht die Auswahl einer oder mehrerer Banken auf dem Plan, die den Börsengang Ihres Unternehmens begleiten. Die Komplexität des Börsengangs erfordert eine intensive und vor allem vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Bank. Die Auswahl sollten Sie daher besonders sorgfältig treffen. Die wesentlichen Kriterien für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind:
- Fundierte Erfahrungen mit Börsengängen
- Verständnis für Ihr Geschäftsmodell
- Zugang zu institutionellen Investoren und Privatanlegern
- Erfahrung und gute Bewertungen der Analysten in Bezug auf die Erstellung des Research Reports und der Equity Story
In der Regel fungiert ein Institut als führende Bank (Konsortialführer) und wird beim Börsengang von weiteren Banken, dem Bankenkonsortium, unterstützt. Achten Sie bei der Zusammenstellung darauf, dass die verschiedenen Banken möglichst alle für Ihren Börsengang relevanten Investorengruppen ansprechen. Wie viele Banken letztendlich den Börsengang unterstützen, hängt meist von der Höhe des erwarteten Emissionsvolumens ab.
Den infrage kommenden Banken wird über ein Fact Book ein umfassender Einblick in das Unternehmen gewährt. Bei Interesse bewerben sich die Banken im sogenannten Beauty Contest um die Begleitung des Börsenganges. Dazu geben sie ihre Angebote über die Kosten und die Konditionen ab.
Haben Sie sich für ein Bankenkonsortium entschieden, legt es fest, wie der Börsengang durchgeführt werden soll, welche Investoren angesprochen werden sollen, ob es Rabatte oder Restriktionen für besondere Investorengruppen geben soll.
Im Anschluss folgt die Due-Dilligence-Prüfung. Diese teilt sich auf in die legal Due Dilligence und in die financial Due Dilligence und dient der wirtschaftlichen und organisatorischen Überprüfung des Unternehmens. Auf dieser Basis stellt ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer den Comfort Letter aus – eine Bestätigung, dass die angegebene Kennzahlen korrekt sind.
Was sind Ihre Aktien beim Börsengang wert?
Investoren interessiert natürlich, welchen Börsenwert Ihr Unternehmen hat bzw. wie hoch der Emissionswert – also der Preis pro Aktie – beim Börsengang sein wird. Um hier einen ersten Eindruck zu vermitteln, erstellen die Konsortialbanken die Research Reports (Finanzstudien).
Sie können Ihre Aktien entweder zum Festpreis verkaufen oder eine Preisspanne mit einem Minimalpreis und einen Maximalpreis festlegen. Bei der Preisspanne entscheiden die Investoren, wie viel sie maximal für eine Aktie zahlen würden. Der Durchschnitt ihrer Gebote ist der Kurs, zu dem die Aktie dann ausgegeben wird. Zu welchem Preis eine Aktie letztendlich angeboten wird, hängt vom geschätzten Wert des Unternehmens sowie von der aktuellen Marktlage an den Börsen ab.
Zeichnung und Zuteilung der Aktien
Steht der Preis fest, werden die Aktien öffentlich zur Zeichnung angeboten. Das bedeutet, interessierte Investoren legen sich verbindlich fest, wie viele Aktien sie zu welchem Maximalpreis erwerben möchten. Die Zeichnung findet über das Bankenkonsortium statt. Übersteigt die Nachfrage das Angebot an Aktien, spricht man von einer Überzeichnung. Die Banken halten allerdings immer noch eine bestimmte Anzahl an Aktien in Reserve und entscheiden darüber, ob weitere Aktien ausgegeben werden.
Die Zuteilung der Aktien erfolgt kurz vor dem offiziellen Börsengang zum festgelegten Emissionspreis. Die Aktien werden am Tag des Börsengangs erstmalig an der Börse gehandelt. Der erste amtlich festgestellte Kurs für die Aktien wird als Erstnotiz bezeichnet.
Wie können Sie Anleger für Ihre Aktien gewinnen?
Um Investoren zu finden, die sich für den Kauf Ihrer Aktien interessieren, müssen Sie Ihren Börsengang natürlich noch entsprechend bekannt machen. Die Due Dilligence dient als Grundlage für die Equity Story und den Börsenprospekt, der den Investoren als Information zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus sind weitere Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen notwendig. Welche Maßnahmen hier passend sind, hängt von den unterschiedlichen Zielgruppen ab, die Sie mithilfe Ihrer Kommunikation erreichen möchten.
Private Anleger oder Mitarbeitende beispielsweise haben andere Anforderungen an Informationen als institutionelle Investoren. Als weitere Zielgruppe müssen Sie auch Analysten und Journalisten, die kein eigenes Interesse am Erwerb der Aktien haben, sondern als Multiplikatoren dienen, im Blick haben.
Die Kommunikation an die verschiedenen Interessengruppen ist Managementaufgabe. Insbesondere Investoren wollen direkt von der Unternehmensführung informiert werden. Gemeinsam mit Investor Relations und der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werden die Informationen zielgruppengerecht bereitgestellt.
Der Bereich Investor Relations bedient sich dabei zahlreicher Maßnahmen und Informationsveranstaltungen wie:
- Roadshows
- Analsytengesprächen
- Investorengesprächen
- Presse- und Analystenkonferenzen
- der Unternehmenswebsite
- einem Newsletter – auch Aktionärsbrief genannt
Investor Relations ist auch nach dem erfolgreichen Börsengang Ihres Unternehmens Hauptansprechpartner für Aktionäre und verantwortlich für die regelmäßige Kommunikation.
Zu den Pflichtterminen zählen neben der jährlichen ordentlichen Hauptversammlung unter anderem die Veröffentlichung der Quartalsberichte und des jährlichen Geschäftsberichts. Um den Spagat zwischen den Interessen von Privatanleger und institutionellen Investoren zu meistern, enthält der Geschäftsbericht längst nicht mehr „nur“ trockene Zahlen. Vielmehr soll die aufwendige Gestaltung alle Zielgruppen gleichermaßen ansprechen und das Image des Unternehmens fördern. Neben detaillierten Fakten und übersichtlichem Zahlenmaterial transportiert der Geschäftsbericht auch die Equity Story als zentrale kommunikative Botschaft des Unternehmens. Für die persönliche Ansprache sorgt das Vorwort des Vorstandes.
Der Börsengang: Chance und Herausforderungen
Die Vorbereitung und Durchführung des Börsengangs wird Sie Zeit, Geld und Aufwand kosten. Für börsennotierte Unternehmen gelten zahlreiche Pflichten – nicht nur beim Börsengang, sondern auch später in der Unternehmensführung. So sind sie beispielsweise verpflichtet, verschiedene Transparenz- und Verbotsvorschriften zu befolgen, Ad-hoc-Meldungen zu veröffentlichen, regelmäßig Finanzberichte zu publizieren oder Stimmrechtsmitteilungen der Marktteilnehmer zu melden.
Ein Aufwand, der sich aber durchaus lohnen kann. Bringt Ihr Unternehmen die entsprechende Börsenreife mit, profitieren Sie nach dem Börsengang von zahlreichen Vorteilen wie finanzieller Flexibilität und Unabhängigkeit von Kreditgebern und sichern sich gleichzeitig Ihre unternehmerische Freiheit. Sie steigern durch den Einführungsprozess die Bekanntheit Ihres Unternehmens und haben die Chance, Ihr Image und Attraktivität als Arbeitgebender zu verbessern.
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