Für viele Unternehmen ist die Beteiligung der Mitarbeitenden am Unternehmenserfolg ein wichtiges Mittel, um Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden. Besonders für junge Unternehmen ist das von großer Bedeutung. Bisher führte eine direkte Kapitalbeteiligung in der Regel zu einer sogenannten Dry Income-Besteuerung. Es wurden also Steuern fällig, auch wenn noch gar kein Geld ausgezahlt wurde.
INSIGHT TAX: Reform des § 19a EStG – Neues bei der Mitarbeiterbeteiligung?
Zur Vermeidung dieses Problems gewährt § 19a EStG unter bestimmten Voraussetzungen einen zeitlichen Aufschub der Besteuerung. Mit Wirkung zum 1. Januar 2024 wurde § 19a EStG umfassend reformiert und der Anwendungsbereich deutlich erweitert. Wir stellen im Folgenden dar, welche Vorteile sich dadurch ergeben.
Jan und Marius gründeten INSIGHT TAX 2022 mit der Vision, die veralteten, bürokratischen Strukturen der Steuerberatungsbranche zu revolutionieren. Ihr Ziel ist es, Prozesse und die Zusammenarbeit mit ihren Mandant:innen vollständig zu digitalisieren. In diesem Gastbeitrag erklären Sie, was sich bei der Mitarbeiterbeteiligung ab 2024 ändert, ob sich dadurch echte Vorteile ergeben und vor allem: was Start-ups jetzt tun sollten, um von den neuen Regelungen zu profitieren.
Das Problem mit § 19a EStG: Warum ist eine Neuregelung wichtig?
Im Sommer 2021 wurde mit dem Fondsstandortgesetz (FoStoG) ein neuer Paragraf in das Einkommensteuergesetz (EStG) aufgenommen: § 19a EStG. Dieser Paragraf führte einen Steueraufschub für die Beteiligung von Mitarbeitenden an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ein, um die Dry Income-Problematik zu lösen und steuerliche Vorteile für junge Unternehmen sowie deren Arbeitnehmer*innen zu bieten.
Einfacher ausgedrückt: Das FoStoG sollte die Beteiligung am Unternehmenserfolg attraktiver machen. Denn in anderen europäischen Ländern ist die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen z. T. deutlich günstiger. Diesen Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen wollte der Gesetzgeber ausgleichen.
In der Praxis hatte der § 19a EStG jedoch kaum Relevanz. Es mussten zu viele Voraussetzungen eingehalten werden, um von dem Steueraufschub Gebrauch machen zu können. Stattdessen wurden und werden i. d. R. virtuelle Beteiligungsprogramme (VSOP) genutzt. Diese führen für die Mitarbeitenden jedoch zu einer höheren Besteuerung (siehe unten).
Was sind die Neuerungen?
Die Änderung des § 19a EStG soll nun die Attraktivität von sogenannten Employee Stock Option Plans (ESOPs) mit einer direkten Beteiligung am Unternehmen stärken. Hierzu gelten ab dem 1. Januar 2024 u. a. folgende in der Praxis relevanten Neuregelungen:
- Im Rahmen eines ESOP erhaltene Anteile dürfen in der Regel nicht ohne Zustimmung der Gesellschaft veräußert werden, d.h. sie sind vinkuliert. Die Neuregelungen gelten nun auch für vinkulierte Anteile.
- Um vom Steueraufschub zu profitieren, darf ein Unternehmen eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Diese Schwellenwerte wurden deutlich erhöht. Jetzt können Unternehmen von der Regelung Gebrauch machen, wenn sie mind. einem der sechs Kalenderjahre vor der Übertragung der Anteile weniger als 1.000 Mitarbeitende beschäftigt haben und entweder eine Bilanzsumme in Höhe von EUR 86 Mio. oder einen Umsatz in Höhe von EUR 100 Mio. nicht überschreiten.
- Das zulässige Alter für ein Unternehmen, dessen Mitarbeitende von dem Steueraufschub profitieren können, wurde erhöht: von 12 auf 20 Jahre.
- Der maximale Zeitraum für den Besteuerungsaufschub wurde von 12 auf 15 Jahre verlängert. Der Aufschub endet vorzeitig im Falle eines Arbeitgeberwechsels oder einer anderen Form der Beteiligungsverwertung. Das kann verhindert werden, indem der Arbeitgeber sich bereit erklärt, für die bei der späteren Veräußerung entstehende Lohnsteuer zu haften.
- ESOPs können nun (auch) von den Gesellschaftern (bzw. Foundern/Investoren) der Arbeitgeberin gewährt werden.
Was sind die größten Vorteile der Neuerung?
Wir halten die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf vinkulierte Anteile für eine der wichtigsten Neuerungen, da dies gängige Praxis bei der Ausgabe von ESOPs ist.
Zusammengefasst sehen wir die größten Vorteile in den folgenden Punkten:
- Ein Plus für Mitarbeitende: Der Wertzuwachs ab der Übertragung der Anteile am Unternehmen der Arbeitgeberin (z. B. durch Ausübung von Aktienoptionen) bis zum späteren Verkauf wird nur in Höhe von 26,375 % besteuert, statt mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 47,5 %.
- Dadurch, dass die Besteuerung bis zum späteren Verkauf aufgeschoben wird, kann die Übertragung der Anteile so früh wie möglich erfolgen. Also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Unternehmenswert noch geringer ist.
- Bisher wurde der Aufschub der Besteuerung durch virtuelle Beteiligungsprogramme erreicht (VSOP). Hier erfolgt bei Verkauf der Anteile immer eine Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz (bis zu 47,5 %).
- Außerdem ist sichergestellt, dass im Fall eines Wertverlustes nicht zu viel Steuern gezahlt werden. Denn dann muss im Verkaufsfall nur der niedrigere Wert versteuert werden.
Konkret beraten wir derzeit einen Fall, in dem es um die steuerliche Einstufung eines sog. Earn-Outs im siebenstelligen Bereich geht, wobei ebenfalls die Frage 47,5 % oder 26,375 % Steuerbelastung im Raum steht. Künftig kann man dieses Problem bereits von Beginn an lösen.
Wie geht es mit der Gesetzesänderung weiter?
Derzeit ist die Inanspruchnahme des Besteuerungsaufschubs nur möglich, wenn die Beteiligung das Unternehmen des Arbeitgebers betrifft.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024, das voraussichtlich in Q4/2024 verabschiedet wird, ist gemäß dem aktuellen Gesetzentwurf mit der Einführung einer sogenannten Konzernklausel eine weitere wichtige Neuerung geplant. Damit soll künftig auch die Übertragung einer Beteiligung an einem anderen Konzernunternehmen (z. B. an der Muttergesellschaft der aktuellen Arbeitgeberin) begünstigt werden.
Was sollten Start-ups jetzt tun?
Bei der Anwendung des neuen § 19a EStG steckt der Teufel im Detail.
Start-ups sollten genau prüfen lassen, ob durch die Neuregelung § 19a EStG angewendet werden kann und welche alternativen Möglichkeiten es ggf. noch gibt, Mitarbeitende am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen.
Ohne individuelle Beratung ist die Inanspruchnahme des § 19a EStG nicht umsetzbar. Der administrative Aufwand sollte nicht unterschätzt werden. Begünstigt sind nur direkte Beteiligungen oder Beteiligungen, die über eine Personengesellschaft gehalten werden. Eine direkte Beteiligung ist aber von den wenigsten Unternehmen gewollt.
Das bedeutet konkret: Es muss für die Beteiligungen der Mitarbeitenden eine Personengesellschaft gegründet werden, die wiederum administriert werden muss. Ein weiterer Punkt ist die Bewertung der Beteiligung im Zeitpunkt der Ausübung der Optionen. Diese müssen dann über Lohnsteueranrufungsauskünfte abgesichert werden – auch das kostet wiederum Geld.
Vorab sollten sämtliche entstehenden Kosten zusammengestellt und geprüft und mit Alternativen verglichen werden. Wenn der gewünschte Vorteil dann in Einklang mit dem Aufwand liegt, kann es losgehen!
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