Inhalt
Wer sich selbstständig machen möchte, steht häufig vor einer entscheidenden Frage: Zähle ich als Freiberufler:in – oder muss ich ein Gewerbe anmelden?
Diese Unterscheidung ist weit mehr als nur eine Formalität: Sie hat direkte Auswirkungen auf Ihre steuerlichen Pflichten und behördlichen Anforderungen. In diesem Artikel zeigen wir, worin genau der Unterschied liegt, welche Regelungen jeweils gelten – und wann eine Gewerbeanmeldung notwendig ist.
- Freiberufler:innen üben wissenschaftliche, künstlerische, unterrichtende oder schriftstellerische Tätigkeiten aus und profitieren von vereinfachten steuerlichen Regeln ohne Gewerbesteuerpflicht.
- Gewerbetreibende können in verschiedenen Branchen tätig sein, verkaufen oft Produkte und müssen ein Gewerbe anmelden, das mit mehr Pflichten und Gewerbesteuer verbunden ist.
- Freiberufler melden sich beim Finanzamt an, Gewerbetreibende beim Gewerbeamt.
- Freiberufler zahlen keine Gewerbesteuer, Gewerbetreibende ab 24.500 Euro Gewinn.
- Eine gleichzeitige Ausübung von freiberuflicher Tätigkeit und Gewerbe ist möglich, erfordert aber klare Trennung und sorgfältige Buchführung.
Freiberufler:in oder Gewerbetreibender – was ist der Unterschied?
Freiberufler:innen und Gewerbetreibende sind grundsätzliche beide selbstständig tätig. Der Unterschied liegt in der Art der Tätigkeit.
Freiberufler:in
Wer als Freiberufler:in arbeiten möchte, muss einer wissenschaftlichen, künstlerischen, unterrichtenden oder schriftstellerischen Tätigkeit nachgehen. Konkret definiert ist diese durch die freien Katalogberufe des Einkommensteuergesetzes.
Gewerbe
Gewerbetreibende sind nicht auf eine bestimmte Branche oder einen bestimmten Beruf festgelegt – sie können auf unterschiedlichen Wegen ihr Geld verdienen.
E-Rechnungen direkt in Qonto
Empfangen, verarbeiten, visualisieren und speichern Sie E-Rechnungen ganz einfach!

4.7 auf Capterra
Anders: Sowohl Freiberufler:innen als auch Gewerbetreibende zählen gesetzlich als selbstständig. Freiberufler:innen erbringen meist Dienstleistungen, während Gewerbetreibende häufig Produkte verkaufen.
Was bedeutet dieser Unterschied in der Praxis?
Freiberufler:innen profitieren von vereinfachten Buchführungspflichten. Bei Gewerbetreibenden ist dies nur bei einem Kleingewerbe möglich. Zusätzlich unterliegen Gewerbetreibende der Gewerbesteuer und benötigen zur Ausübung ihrer Tätigkeit einen Gewerbeschein.
Definition: Was sind Freiberufler:innen?
Ein “freier Beruf” ist dadurch gekennzeichnet, dass die Tätigkeit wissenschaftlicher, heilberuflicher, künstlerischer, unterrichtender oder schriftstellerischer Natur ist.
Außerdem bieten Freiberufler:innen in der Regel eine Dienstleistung an, keinen Verkauf von physischen Waren.
Genauer handelt es sich bei den folgenden Punkten um eine freiberufliche Tätigkeit:
- Sie erbringen Dienstleistungen für Kund:innen.
- Ihre Tätigkeit basiert auf einer speziellen Qualifikation, wie einem fachbezogenen Studium oder einer entsprechenden Ausbildung.
- Ihre Arbeit zeichnet sich durch schöpferische und kreative Elemente aus.
- Sie handeln nur im Interesse Ihrer Auftraggeber:innen.
Werden wir konkreter: Lässt sich Ihre Tätigkeit den folgenden Berufen zuordnen, sind Sie Freiberufler:in:
Medizin- und Heilberufe
- Ärzte, Psychologen, Apotheker, Heilpraktiker, Therapeuten
Juristische Berufe
- Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Notare
Bau, Planung und Technik
- Architekten, Ingenieure, Naturwissenschaftler
Kunst und Kultur
- Schriftsteller, Texter, Übersetzer, Maler, Musiker, Schauspieler
Wissenschaft und Lehre
- Lehrer, Dozenten, Wissenschaftler
Weitere Berufsgruppen
- Lotsen, Testamentsvollstrecker, Hausverwalter
Unterschied: selbständig und freiberuflich – was ist der Unterschied?
Viele setzen auch die Begriffe „selbständig“ und „freiberuflich“ gleich, doch das ist nicht ganz korrekt. Selbständig ist ein Oberbegriff und beschreibt grundsätzlich jede Person, die auf eigene Rechnung und Verantwortung arbeitet – ohne festen Arbeitgeber.
Freiberuflich ist hingegen eine spezielle Form der Selbstständigkeit. Nur bestimmte Berufe, die im Einkommensteuergesetz als sogenannte freiberufliche Tätigkeiten definiert sind (z. B. Ärzte, Architekten, Texter), gelten als Freiberufler.
Definition: Was ist ein Gewerbe?
Gewerbetreibende sind selbstständig tätig, jedoch in Bereichen, die nicht als freiberuflich gelten. Während Freiberufler:innen in der Regel Dienstleistungen erbringen, umfasst ein Gewerbe häufig den Verkauf von Waren, kann jedoch auch gewerbliche Dienstleistungen einschließen. Die Branche spielt dabei keine Rolle – im Gegensatz zu den freiberuflichen Katalogberufen gibt es für Gewerbetreibende keine feste Kategorisierung.
Zu den klassischen Branchen für Gewerbetreibende zählen:
- Industrie
- Groß- und Einzelhandel
- Gastronomie
- Hotellerie
- Handelsvertreter
- Vermögensberatung
- Handwerksberufe (außer künstlerische Tätigkeiten)
Wie finden Sie heraus, ob Sie Freiberufler:in oder ein Gewerbe sind?
Sie sind noch immer nicht sicher, ob Ihre Tätigkeit als freiberuflich gilt oder ob Sie ein Gewerbe anmelden müssen? Keine Sorge, Sie können folgende Fragen zur Orientierung dienen:
- Verkaufen Sie Produkte, etwa in einem Ladengeschäft oder Online-Shop? → Dann handelt es sich um ein Gewerbe.
- Arbeiten Sie im Handwerk, in der Industrie, Gastronomie oder im Handel? → Auch das deutet auf ein Gewerbe hin.
- Erbringen Sie unterrichtende, planende, beratende oder künstlerische Dienstleistungen? → Das spricht für eine freiberufliche Tätigkeit.
- Lässt sich Ihre Tätigkeit einem Katalogberuf im Einkommensteuergesetz zuordnen? → Dann gelten Sie als Freiberufler.
Tipp
Im Zweifelsfall sollten Sie bei Ihrem Finanzamt anrufen und Ihre Tätigkeit beschreiben. Auch eine Steuerkanzlei kann genau ermitteln, welche Art der Tätigkeit Sie anmelden sollten.
Freiberuflich Tätigkeit oder Gewerbe anmelden
Ob freiberufliche Tätigkeit anmelden oder selbständiges Gewerbe gründen – die Anmeldung erfolgt auf unterschiedlichen Wegen und bei verschiedenen Behörden. Hier sind die jeweiligen Schritte im Überblick:
1. Anmeldung beim Finanzamt als Freiberufler – so geht’s:
Wer eine freiberufliche Tätigkeit aufnimmt, muss diese beim Finanzamt anzeigen. Eine Gewerbeanmeldung ist nicht erforderlich. Der Ablauf sieht wie folgt aus:
Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1. Tätigkeit definieren: Prüfen Sie, ob Ihre Tätigkeit zu den freiberuflichen Berufen (nach § 18 EStG) zählt.
2. Formlose Mitteilung an das Finanzamt: Melden Sie dem zuständigen Finanzamt schriftlich, dass Sie eine freiberufliche Tätigkeit aufnehmen.
3. Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen: Diesen erhalten Sie entweder online über ELSTER oder postalisch vom Finanzamt.
4. Steuernummer beantragen: Nach Prüfung sendet das Finanzamt Ihnen eine neue Steuernummer für Ihre selbstständige Tätigkeit zu.
5. Umsatzsteuerregelung wählen: Entscheiden Sie, ob Sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen oder Umsatzsteuer berechnen wollen.
6. Rechnungsstellung & Buchhaltung organisieren: Achten Sie auf korrekte Rechnungsangaben (inkl. Steuernummer oder USt-IdNr.) und eine geordnete Buchführung.
Wichtig: Eine Eintragung ins Handelsregister oder eine Gewerbeanmeldung ist für Freiberufler nicht notwendig.
2. Gewerbe anmelden – das müssen Sie tun:
Wenn Ihre Tätigkeit nicht unter die freiberuflichen Tätigkeiten fällt, müssen Sie ein selbständiges Gewerbe anmelden. Die Anmeldung erfolgt beim Gewerbeamt Ihrer Stadt oder Gemeinde.
Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1. Tätigkeit prüfen: Gehört Ihre Tätigkeit nicht zu den freien Berufen? Dann ist es wahrscheinlich ein Gewerbe.
3. Unterlagen zusammenstellen: In der Regel benötigen Sie:
- Gültigen Personalausweis oder Reisepass
- ggf. Nachweise über Qualifikationen oder Genehmigungen (z. B. bei Handwerksberufen)
- bei juristischen Personen: Gesellschaftsvertrag oder Handelsregisterauszug
4. Gewerbeschein beantragen: Nach Prüfung erhalten Sie den Gewerbeschein als Nachweis Ihrer Anmeldung.
5. Finanzamt wird informiert: Das Gewerbeamt informiert automatisch das Finanzamt. Sie erhalten daraufhin den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung.
6. Steuernummer beantragen: Auch hier gilt: Ohne Steuernummer keine ordnungsgemäßen Rechnungen.
7. Gewerbesteuerpflicht beachten: Ab einem jährlichen Gewinn von 24.500 Euro wird Gewerbesteuer fällig.
8. Weitere Anmeldungen prüfen: z. B. bei IHK/HWK, Berufsgenossenschaft oder Handelsregister (je nach Tätigkeit und Rechtsform).
Steuern als Freiberufler:in: Was ist zu beachten?
Freiberufler:innen zahlen keine Gewerbesteuer, was sie steuerlich entlastet. Sie müssen jedoch Einkommensteuer auf ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit zahlen und gegebenenfalls Umsatzsteuer abführen.
Steuerliche Pflichten für Freiberufler:innen:
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
- Umsatzsteuer-Voranmeldung (außer bei Kleinunternehmerregelung)
- Einkommensteuer auf den Gewinn
Steuern bei Gewerbe: Was ist zu beachten?
Im Gegensatz zu Freiberufler:innen unterliegen Gewerbetreibende mehreren steuerlichen Verpflichtungen – darunter auch der Gewerbesteuer, die zusätzlich zur Einkommensteuer anfällt. Diese Steuer wird an das Finanzamt abgeführt, sobald der Gewinn bestimmte Grenzen übersteigt.
Steuerliche Pflichten für Gewerbetreibende:
- Gewerbesteuer: Ab einem jährlichen Gewinn von über 24.500 Euro (bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften) wird Gewerbesteuer fällig. Die Höhe variiert je nach Gemeinde.
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) oder doppelte Buchführung (abhängig von Umsatz und Rechtsform)
- Umsatzsteuer-Voranmeldung: Monatlich oder vierteljährlich, sofern keine Kleinunternehmerregelung greift.
- Einkommensteuer auf den Gewinn: Wie bei Freiberufler:innen müssen auch Gewerbetreibende ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit versteuern.
Tipp
Gewerbetreibende müssen sich zusätzlich bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) anmelden und zahlen dort jährlich Pflichtbeiträge. Auch das sollte bei der steuerlichen Planung berücksichtigt werden.
Wer zahlt mehr Steuern: Freiberufler:innen oder Gewerbetreibende?
Da Gewerbetreibende zusätzlich zur Einkommensteuer auch Gewerbesteuer zahlen, haben Freiberufler in der Regel einen steuerlichen Vorteil. Allerdings kann das je nach Gewinnhöhe und Standort variieren.
Vorteile der freiberuflichen Tätigkeit:
- Kein Gewerbeschein nötig
- Keine Gewerbesteuer
- Vereinfachte Buchführung
- Weniger behördlicher Aufwand
- Häufig geringere IHK-/Kammerbeiträge oder keine Pflichtmitgliedschaft
Vorteile der gewerblichen Tätigkeit:
- Größere unternehmerische Gestaltungsfreiheit
- Keine Einschränkung auf bestimmte Berufe
- Möglichkeit, mit physischen Produkten zu arbeiten
- Vielfältige Geschäftsfelder und Skalierbarkeit
Kann ich als Freiberufler:in auch gleichzeitig ein Gewerbe haben?
Ja, es ist grundsätzlich möglich, gleichzeitig als Freiberufler:in tätig zu sein und ein Gewerbe zu betreiben – allerdings müssen dabei klare rechtliche und steuerliche Vorgaben beachtet werden.
Doppelt selbstständig – aber klar getrennt
Wenn Sie sowohl eine freiberufliche Tätigkeit (z. B. als Texter:in oder Berater:in) ausüben als auch ein selbständiges Gewerbe betreiben (z. B. Onlinehandel), gilt es, beide Bereiche sauber voneinander zu trennen:
- Getrennte Buchführung: Für jede Tätigkeit sollten getrennte Einnahmen-Überschuss-Rechnungen (EÜR) geführt werden.
- Steuerliche Trennung: Beide Einkünfte – Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Freiberufler) und gewerbliche Einkünfte – müssen in der Steuererklärung getrennt angegeben werden.
- Finanzamt informieren: Das Finanzamt muss über beide Tätigkeiten informiert werden. Es prüft, ob es sich tatsächlich um getrennte Tätigkeitsbereiche handelt.
- Gewerbesteuerpflicht beachten: Für den gewerblichen Teil Ihrer Selbstständigkeit fällt Gewerbesteuer an – unabhängig davon, ob Sie zusätzlich freiberuflich tätig sind.
Wichtig: Keine Vermischung
Die beiden Tätigkeiten dürfen nicht vermischt werden. Wenn das Finanzamt feststellt, dass die freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit wirtschaftlich und organisatorisch zu stark miteinander verflochten sind, kann es beide als einheitlich gewerblich einstufen. Das hätte zur Folge, dass auch die freiberuflichen Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen.
Tipp
Wenn Sie überlegen, beide Tätigkeiten zu kombinieren, holen Sie sich idealerweise vorab eine Einschätzung vom Finanzamt oder einem Steuerberater. So vermeiden Sie spätere steuerliche Nachteile und Unsicherheiten.
Fazit: Freiberufler:in oder Gewerbe – was passt besser zu Ihrer Tätigkeit?
Wenn Sie eine künstlerische, beratende, heilkundliche oder wissenschaftliche Tätigkeit ausüben und Ihr Beruf zu den sogenannten Katalogberufen gehört, profitieren Sie deutlich von den Vorteilen als Freiberufler:in. Ihre Steuerlast ist oft geringer, und der Verwaltungsaufwand bleibt überschaubar.
Betreiben Sie jedoch einen Onlineshop, ein Handwerksunternehmen oder sind im Handel oder der Gastronomie tätig, führt kein Weg an der Gewerbeanmeldung vorbei – mit allen dazugehörigen Pflichten wie der Zahlung von Gewerbesteuer und der Mitgliedschaft bei der IHK.
Tipp zum Schluss: Falls Sie unsicher sind, ob Ihre Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich einzustufen ist, lohnt sich frühzeitig der Kontakt zum Finanzamt oder einem Steuerberater. So vermeiden Sie unnötige Rückfragen, Nachzahlungen oder rechtliche Stolperfallen.