Die Berufsgenossenschaft ist die gesetzliche Unfallversicherung für Arbeitnehmer:innen in Deutschland. Sie stellt sicher, dass Sie im Falle eines Arbeitsunfalls, auf Arbeitswegen und bei Berufskrankheiten abgesichert und medizinisch gut versorgt sind. Als Unternehmer:in müssen Sie Ihre Mitarbeitenden dort versichern. Für die meisten Selbstständigen sowie Freiberufler:innen ist die Mitgliedschaft nicht verpflichtend. Sie haben aber die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern.
Berufsgenossenschaft: Lohnt sich die Unfallversicherung für Selbstständige

Was ist eine Berufsgenossenschaft?
Die Berufsgenossenschaften spielen eine große Rolle im deutschen Sozialversicherungssystem. Sie sind Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Unternehmen und Betriebe sowie deren Beschäftigten. Ihre Aufgabe ist es, ihre Mitglieder vor Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu schützen und arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken zu minimieren. Arbeitnehmer:innen, die auf ihrem Arbeitsweg oder bei der Arbeit einen Unfall erleiden oder an einer Berufskrankheit leiden, erhalten medizinische, berufliche und soziale Unterstützung durch die Berufsgenossenschaft. Zusätzlich haben Berufsgenossenschaften die Möglichkeit, Unfall- und Krankheitsfolgen finanziell auszugleichen.
Auftrag der Berufsgenossenschaft: Prävention, Rehabilitation und Schulung
Der Auftrag der Berufsgenossenschaften teilt sich in drei Aufgabengebiete:
- Prävention: Sie haben die Aufgabe, ihre Mitglieder vor Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken zu bewahren. Sie klären über mögliche Risiken auf, sorgen für die Verbesserung der Ergonomie an den Arbeitsplätzen und prüfen technische Arbeitsmittel. Außerdem erforschen sie Unfallursachen und fördern den Betriebssport. Um Schäden vorzubeugen, erstellen sie Unfallverhütungsvorschriften. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird im Rahmen betrieblicher Inspektionen überprüft. Unterstützt werden sie dabei von den Arbeitsschutzbeauftragten in den Unternehmen.
- Rehabilitation: Kommt ein Mitglied dennoch zu Schaden, greifen Wiedereingliederungsmaßnahmen, die die Mitglieder beruflich, finanziell und sozial rehabilitieren. Sie koordiniert die medizinischen Maßnahmen und Pflegeleistungen und unterstützt mit beruflichen und sozialen Reha-Leistungen. Kann ein Mitglied aufgrund seiner Verletzung oder einer Berufskrankheit nicht mehr in seinen alten Beruf zurückkehren, kümmert sie sich um die Neuvermittlung von Arbeitsplätzen oder Tätigkeitsbereichen. Zu den finanziellen Maßnahmen zählt die finanzielle Unterstützung bei Arbeitsunfähigkeit, die Zahlung von Verletztengeld bis hin zur Zahlung von Rente und Sterbegeld in Folge eines Berufsunfalls oder einer Berufskrankheit mit Todesfolge.
- Schulung: Mit Fort- und Weiterbildungen unterstützt die Berufsgenossenschaft Betriebe umfassend in allen Fragen des Arbeitsschutzes und schult Versicherte zu den Themen Betriebssicherheit und Unfallverhütung. Als Prüfungsstelle für Fortbildungen vergibt sie Zertifikate für Arbeitsschutzbeauftragte und Trainerlizenzen.
Die Organisationsstruktur der gesetzlichen Unfallversicherung ist durch Selbstverwaltung und Mitbestimmung geprägt. Die Berufsgenossenschaften werden durch einen Vorstand vertreten, der von der Vertreterversammlung gewählt wird. Die Vertreterversammlung ist für die Erstellung der Satzung und den Entwurf der Unfallverhütungsvorschriften zuständig und setzt sich zu gleichen Teilen aus Arbeitgebenden sowie aus Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusammen.
SGB IV und SGB VII
Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung
Im Vergleich zu weiteren Sozialversicherungsbeiträgen wie der gesetzlichen Krankenversicherung, der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, kommen Arbeitgebende zu hundert Prozent für die Beiträge Ihrer Mitarbeitenden auf. Sie sind verpflichtet, alle Mitarbeitenden zu versichern. Bei Neugründung eines Unternehmens muss die Anmeldung innerhalb einer Woche nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit bei der zuständigen Berufsgenossenschaft erfolgen. Wer sich nicht daran hält, kommt um die Zahlung trotzdem nicht herum. Angestellte sind automatisch versichert, die Beiträge werden rückwirkend eingezogen.
Welche Berufsgenossenschaften gibt es und welcher gehört Ihr Unternehmen an?
Unterschiedliche Berufsgruppen sind in ihrem Arbeitsalltag unterschiedlichen Risiken ausgesetzt. Angestellte in verarbeitenden Branchen, im medizinischen oder handwerklichen Berufen benötigen andere Schutzmaßnahmen als Mitarbeitende, die Tätigkeiten im Büro ausüben. Als Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherungen vereint der DGUV die branchenspezifischen gewerblichen Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und Landesverbände unter einem Dach und bietet branchenübergreifende Informationen zum Thema Unfallversicherung. Der DGUV ist Ansprechpartner für Unternehmen zu Themen rund um die Mitgliedspflicht und Zuständigkeit.
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind nach Wirtschaftszweigen gegliedert:
- Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI)
- Berufsgenossenschaft Holz und Metall
- Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)
- Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe
- Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft – BG BAU
- Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik
- Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)
- Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr)
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (LBG) sind seit 2013 Teil der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Die Geschäftsstellen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind nach Regionen aufgeteilt. Neben den Pflichtbeiträgen der zugeordneten Unternehmen erhalten die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften Bundeszuschüsse aus Steuermitteln.
Daten und Fakten:
- In 2018 versicherten über vier Millionen Unternehmen und Einrichtungen ihre Angestellten bei den Berufsgenossenschaften.
- Mit 3,4 Millionen Mitgliedsunternehmen ist der Zuständigkeitsbereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften am größten.
- Die Zahl der Versicherten betrug 2018 rund 65 Millionen.
- 2018 wurden insgesamt 1.065.725 Wege- und Arbeitsunfälle gemeldet. Dabei sind auch Verletzungen im Homeoffice relevant.
Quelle: DGUV: Zahlen und Fakten
Als Selbstständiger oder Freiberufler:in freiwillig in der Berufsgenossenschaft versichert?
Solange Sie als Unternehmer:in oder Freiberufler:in nicht zugleich Mitarbeiter:in Ihres Unternehmens sind, sind Sie im Gegensatz zu Ihren Angestellten nicht gegen Betriebsunfälle oder Berufskrankheiten versichert. Mit Ausnahme der Mitglieder einiger Berufsgruppen aus dem Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege und der Friseurbranche, sind Freiberufler:innen meist nicht verpflichtet, sich freiwillig bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anzumelden.
Gewerbetreibenden wird ein entsprechendes Anmeldeformular automatisch vom Gewerbeamt zugesandt. Als Freiberufler:in müssen Sie sich selbst bei der Berufsgenossenschaft melden. Die Anmeldung erfolgt bei der Berufsgenossenschaft, die für Ihren Beruf zuständig ist. Arbeiten Sie in einem Bereich, der keiner BG zugeordnet werden kann, ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) für Sie zuständig.
Wer als Selbstständiger oder Freiberufler:in nicht freiwillig in der Berufsgenossenschaft versichert ist, für den kommt im Falle eines Unfalls die Krankenversicherung auf. Während die Krankenkasse die Leistungen meist auf ein Minimum beschränkt, bietet die Berufsgenossenschaft umfangreiche Maßnahmen zur Rehabilitation. Somit kann sich eine freiwillige Mitgliedschaft durchaus lohnen.
Insbesondere bei jungen Gründer:innen bietet sich eine freiwillige Unfallversicherung an. Vor ihnen liegt eine lange Zeit der Berufstätigkeit: Der komplette Verdienstausfall bei einem Unfall oder ein eingeschränkter Verdienst während der Rehabilitationszeit können oft nur schwer überbrückt werden.
Die Beiträge der Berufsgenossenschaften sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Für einen relativ geringen Jahresbeitrag profitieren Sie so von einem umfangreichen Versicherungsschutz. Wenn Sie sich freiwillig versichern, haben Sie gegenüber Pflichtversicherten den Vorteil, die Versicherungssumme bis zu einem gesetzlich festgeschriebenen Höchstrahmen selbst bestimmen zu können. Um Ausfälle bestmöglich kompensieren zu können, sollte sich die Summe nach Ihrem persönlichen Einkommen richten.
Da die gesetzliche Unfallversicherung ausschließlich bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten greift, ist es für Unternehmer:innen ratsam, zusätzlich eine private Unfallversicherung abzuschließen.
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