Factoring ist eine Möglichkeit, um kurzfristig die Liquidität Ihres Unternehmens zu erhöhen. Diese Art der Finanzierung wird immer häufiger bei Neugründungen und von kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt, um schnell und vergleichsweise unkompliziert an Geld zu kommen.
Factoring: das Wichtigste im Überblick
- Factoring ist eine Finanzierungsart, bei der Unternehmen offene Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft abtreten.
- Je nach Art des Factorings übernimmt der Factor die Forderungsfinanzierung, den Delkredereschutz sowie das Forderungsmanagement.
- Für ihre Leistung erhebt die Factoring-Gesellschaft eine Servicegebühr in Höhe von 0,5 bis 5 % der Rechnungssumme.
- Unternehmen jeder Größe und Branche nutzen Factoring, um ihre Liquidität zu erhöhen, Investitionen besser planen zu können und ihre Buchhaltung zu entlasten.
Definition: Was ist Factoring?
Einfach erklärt ist Factoring eine Art der Unternehmensfinanzierung, bei der ein Unternehmen seine offenen Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft, auch Factor genannt, verkauft. Dieser Factor kann eine Bank oder ein anderes Finanzdienstleistungsunternehmen sein.
Factoring vs. Inkasso
Der Factoring-Prozess: Wie funktioniert Factoring?
Nehmen wir einmal an, Sie haben einer Kundin oder einem Kunden eine bereits erbrachte Leistung oder ein geliefertes Produkt in Rechnung gestellt. Das Zahlungsziel, das Sie Ihren Kund:innen oder Geschäftspartner:innen gewähren, haben Sie auf 14 Tage festgelegt. Alternativ können Sie auch die gesetzlich vorgeschriebene Zahlungsfrist von 30 Tagen nutzen oder individuelle Fristen vereinbaren.
- Ihr Unternehmen liefert eine Ware/Dienstleistung und stellt dafür eine Rechnung.
- Um schneller an Ihr Geld zu kommen, beauftragen Sie eine Factoring-Gesellschaft, die als Factor agiert.
- Die Factoring-Gesellschaft prüft die Bonität, also die Zahlungsfähigkeit, Ihrer Kund:innen.
- Bei erfolgreicher Prüfung verkauft Ihr Unternehmen die Forderung an den Factor (Forderungsverkauf). Damit treten Sie diese Forderung ab und Sie selbst können sie nicht mehr gegenüber Ihren Kund:innen geltend machen.
- Die Factoring-Gesellschaft überweist Ihnen einen Großteil der Rechnungssumme (meist 80 bis 90 %) innerhalb von 1 oder 2 Werktagen.
- Ihre Kund:innen zahlen die Rechnung, also die offene Forderung, jetzt direkt an die Factoringgesellschaft.
- Nach Erhalt des Geldes überweist der Factor Ihnen den Rest der Rechnungssumme, behält aber einen kleinen Teil als Provision ein. Diese liegt meist zwischen 0,5 und 5 %.
Welche Vorteile bietet Factoring?
Der wohl größte Vorteil des Factorings ist, dass Sie Geld aus offenen Forderungen innerhalb kürzester Zeit erhalten. Dadurch steigern Sie Ihre Liquidität und können Geldeingänge zuverlässiger planen. Gleichzeitig weist Ihre Bilanz keinen hohen Forderungsbestand auf, was sich bei der Suche nach Investor:innen, einem Kreditantrag oder bei einer Bonitätsprüfung positiv auswirkt.
Für wen eignet sich Factoring?
Factoring eignet sich für Unternehmen jeder Größe und unterschiedlicher Branchen. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Freiberufler:innen sichern sich so häufig ihre Liquidität. Große Unternehmen nutzen diese Finanzierungsmethode, um Investitionen besser planen zu können. Factoring wird häufig auch bei Neugründungen oder von Start-ups genutzt.
Welche Arten von Factoring gibt es?
Es gibt verschiedene Arten des Factoring. Je nach Modell übernehmen die Factoring-Gesellschaften unterschiedliche Aufgaben. Unabhängig davon, für welche Variante Sie sich entscheiden: Erkundigen Sie sich zuvor genau über die angebotenen Leistungen und Konditionen sowie den Prozess.
Standardfactoring
Beim Standardfactoring erhalten Sie das volle Servicepaket: Die Factoring-Gesellschaft übernimmt die Haftung für den Eingang der Forderung (Delkredereschutz), die Forderungsfinanzierung sowie Ihr komplettes Forderungsmanagement. Die Vorteile: Ihr gesamter Umsatz wird vorfinanziert, Sie sichern sich gegen Zahlungsausfälle ab und sparen Personalkosten in der Buchhaltung ein. Diesen Service lassen sich die Factoring-Gesellschaften allerdings auch entsprechend bezahlen.
Echtes Factoring
Das echte Factoring entspricht im Prinzip dem Standardfactoring. Entscheidend hierbei ist, dass der Factor die Delkrederefunktion übernimmt und Sie sich damit vor Zahlungsausfällen schützt.
Unechtes Factoring
Beim unechten Factoring wird die Delkrederefunktion nicht von der Factoring-Gesellschaft übernommen und Sie tragen das Risiko für einen Zahlungsausfall selbst. Diese Art des Factorings bietet sich bei offenen Forderungen von Kund:innen mit nachweislich guter Zahlungsmoral an. Sie können sich vergleichsweise sicher sein, dass sie ihre Rechnungen fristgerecht begleichen, und erhalten Ihr Geld aber unabhängig von der Zahlungsfrist bereits nach 1 bis 2 Tagen.
Fälligkeitsfactoring
Beim Fälligkeitsfactoring übernimmt die Factoring-Gesellschaft nur das Inkasso. Das bedeutet, Sie erhalten Ihr Geld nicht im Voraus, sondern erst, wenn Ihre Kund:innen die offene Forderung beim Factor beglichen haben. Das Zahlungsausfallrisiko tragen Sie dabei selbst.
Offenes Factoring
Beim offenen Factoring wissen Ihre Kund:innen, dass Sie ihre offenen Rechnungen an eine Factoring-Gesellschaft abtreten.
Stilles Factoring
Factoring kann Ihnen negativ ausgelegt werden: Es könnte der Eindruck entstehen, dass Sie dringend auf Geld angewiesen sind oder der Zahlungsmoral Ihrer Kund:innen misstrauen. In diesem Fall erfahren Ihre Kund:innen beim stillen Factoring nicht, dass Sie die offenen Forderungen an einen Factor abgetreten haben.
Inhouse Factoring
Diese Variante des Factorings ist vergleichsweise günstig und damit besonders interessant für Gründende, Start-ups oder KMU: Die Debitorenbuchhaltung, das Mahnwesen und Inkasso verbleiben in Ihrem Unternehmen, wodurch sich die von der Factoring-Gesellschaft erhobene Gebühr verringert.
Was kostet Factoring?
Factoring-Gesellschaften verlangen eine Gebühr für ihren Service. Diese setzt sich aus Zinsen und einer Factoringgebühr zusammen und orientiert sich an der Höhe der Rechnung. Sie erhalten zunächst je nach Vereinbarung 80 bis 90 % der Rechnungssumme. Die Restzahlung erhalten Sie, sobald Ihre Kund:innen ihre Rechnungen beim Factor bezahlt haben. Ein Großteil der Factoring-Anbieter behält zwischen 0,5 und 5 % der Zahlung als Servicegebühr ein.
Factoring in der Praxis: Eine beispielhafte Factoring-Rechnung
Sie können regelmäßig mehrere Rechnungen zusammen oder auch einzelne Rechnungen – beispielsweise über eine hohe Summe mit einem langen Zahlungsziel – abtreten. Angenommen, Sie möchten eine Rechnung im Wert von 150.000 € und einem Zahlungsziel von 30 Tagen an eine Factoring-Gesellschaft verkaufen. Sie entscheiden sich für das Standardfactoring und wählen eine Gesellschaft, die Ihnen innerhalb von 2 Tagen 80 % der Summe auszahlt und dafür eine Factoringgebühr in Höhe von 1 % und einem Factoringzins in Höhe von 2 % p. a. verlangt. Demnach ergibt sich beim Factoring die folgende Rechnung:
Summe der abgetretenen Forderungen | 150.000 € |
---|---|
Factoringgebühr (1 %) | 1.500 € |
Zinsen (2 % p. a.) auf den ausgezahlten Betrag i. H. v. 120.000 € |
197,26 € |
Servicegebühr gesamt | 1.697,26 |
Liquiditätsgewinn | 148.302,74 € |
Fazit: Factoring als Geschäftsmodell?
Factoring ist eine Art der Finanzierung, die vor allem dann zu empfehlen ist, wenn Sie als Unternehmer:in darauf angewiesen sind, jederzeit flüssig zu bleiben, um frische Investitionen für neue Aufträge zu tätigen. Beim Standardfactoring erhalten Sie nicht nur die Finanzierungssumme abzüglich einer Servicegebühr, sondern treten gleichzeitig das Forderungsmanagement und das Zahlungsausfallrisiko an die Factoring-Gesellschaft ab. Trotz der Kosten, die Sie dem Factor zahlen, steht Ihnen dank der Vorfinanzierung Ihrer offenen Rechnungen innerhalb kürzester Zeit Geld zur Verfügung, das Sie investieren können, um Ihr Geschäft erfolgreich weiter auszubauen. Eine spannende Alternative also für Unternehmen jeder Größe und aller Branchen.
Häufig gestellte Fragen
Wer darf Factoring betreiben?
Welche Branchen nutzen Factoring?
Welche Nachteile hat Factoring?
Ist Factoring ohne Bonitätsprüfung möglich?
Wie muss man Factoring verbuchen?
Was ist Reverse Factoring?
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