Offene Forderungen sind nicht nur lästig, sie können auch schnell zum finanziellen Risiko werden. Oft bleibt Unternehmen nur die Möglichkeit, ein Inkasso zu beauftragen, um ausstehende Zahlungen einzutreiben.
Was ist Inkasso?
Werden fällige Forderungen in Form von Rechnung gar nicht oder nicht in voller Höhe beglichen, spricht man von einem Inkassofall. Um Zahlungsausfälle zu vermeiden, kommt es jetzt zu dem sogenannten Inkasso – einer Geschäftstätigkeit, deren Ziel es ist, eine Einigung zwischen den Gläubiger:innen und den Schuldner:innen zu erzielen. Oder einfach ausgedrückt: Inkasso unterstützt dabei, Schulden aus offenen Forderungen einzutreiben.
Was sind die Aufgaben eines Inkasso-Unternehmens?
Es gibt verschiedene Gründe, warum Schuldner:innen nicht willens oder in der Lage sind, ihre Rechnungen fristgerecht zu bezahlen. Unabhängig von den möglichen Ursachen übernimmt das Inkasso-Unternehmen im Auftrag des Gläubigers oder der Gläubigerinnen sämtliche Tätigkeiten, die notwendig sind, damit der Schuldner oder die Schuldnerin sein Geld erhält. Zu diesen Aufgaben zählen
- die Kommunikation mit dem Schuldner:in
- das Aufsetzen einer Zahlungsvereinbarung
- die Überwachung von Zahlungsfristen
- das Einleiten von Inkassomaßnahmen
- das Beantragen eines gerichtlichen Mahnbescheides
Vorgerichtliches Inkasso
Um die eigene Buchhaltung zu entlasten, können Firmen Inkasso-Unternehmen auch damit beauftragen, ihr Debitoren- und Forderungsmanagement zu übernehmen. In diesem Fall beginnt die Arbeit des Inkassounternehmens bereits vor Vertragsabschluss mit potenziellen Kunden und Kundinnen mit einer Bonitätsprüfung.
Welche Voraussetzungen gibt es, um Inkasso zu beauftragen?
Um Inkasso zu beauftragen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Wer kann Inkasso beauftragen?
Grundsätzlich kann jede Privatperson und jedes Unternehmen unabhängig von der Höhe einer offenen Forderung Inkasso beauftragen, um Gelder einzutreiben. Ein entsprechender Auftrag kann unter Umständen auch bei kleineren Summen wirtschaftlich sein.
Wann können Sie ein Inkasso-Unternehmen beauftragen?
Um Inkasso zu beauftragen, muss gewährleistet sein, dass eine Forderung berechtigt ist und bereits Verzug eingetreten ist.
Berechtigte Forderungen
Berechtigte Forderungen
Eine berechtigte Forderung entsteht in der Regel mit Vertragsabschluss. Kunden und Kundinnen erklären sich damit bereit, Sie für eine bestimmte Lieferung oder Leistung zu entlohnen.
Verzug des Schuldners oder der Schuldnerin
Verzug des Schuldners oder der Schuldnerin
Gemäß § 286 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gerät der Schuldner oder die Schuldnerin einer offenen Forderung in Verzug, wenn er oder sie diese nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Erhalt einer Rechnung begleicht.
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Welche Formen des Inkassos gibt es?
Es wird zwischen drei unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit mit einem Inkasso-Büro unterschieden:
- Forderungseinzug
- Abtreten einer Forderung (Zession)
- Verkauf einer Forderung (Factoring)
Forderungseinzug
Der Gläubiger oder die Gläubigerin erteilt dem Inkasso-Unternehmen gegen eine Gebühr den Auftrag, in seinem oder ihrem Namen offenen Forderungen einzuziehen. Hierzu stellt der Gläubiger oder die Gläubigerin eine entsprechende Vollmacht aus, die das Inkasso-Unternehmen auf Verlangen vorlegen muss. Das Risiko des Zahlungsausfalls trägt weiterhin der Gläubiger oder die Gläubigerin.
Zession
Beim Abtreten einer Forderung findet ein Gläubigerwechsel statt. Häufig werden Forderungen an Banken mit einem Forderungsabtretungsvertrag abgetreten. Die Bank treibt die offenen Forderung in eigenem Namen ein und übernimmt das Risiko eines Zahlungsausfalls. Der Inhalt der eigentlichen Forderung bleibt dabei unverändert.
Factoring
Beim Factoring wird eine offene Forderung an ein Factoring-Unternehmen verkauft. Der Verkauf ist auch möglich, wenn noch kein Zahlungsverzug vorliegt. Der Vorteil des Factorings: Der Gläubiger oder die Gläubigerin erhält sein Geld sofort.
Wie läuft ein Inkassoverfahren ab?
Das Inkassoverfahren läuft in vier Schritten ab:
- vorgerichtliches Inkasso
- gerichtliches Mahnwesen
- nachgerichtliches Inkasso
- Titelüberwachung
Außergerichtliche Einigung versuchen
Ziel des Inkasso ist es, offene Forderungen ohne großen Aufwand und hohe Kosten für den Gläubiger oder die Gläubigerin einzuziehen. Deshalb wird zunächst versucht, eine außergerichtliche Lösung zu finden. Ein Anwalt oder eine Anwältin wird in diesem Schritt nicht eingeschaltet.
Die erste Mahnung
Die erste Mahnung
Lässt der Schuldner oder die Schuldnerin diese Frist verstreichen, erhalten er oder sie die erste schriftliche Mahnung. In diesem ersten Mahnschreiben wird eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, die in der Regel 14 Tage beträgt.
Die zweite Mahnung
Die zweite Mahnung
Wird diese Frist ebenfalls ungenutzt verstrichen, gerät der Schuldner oder die Schuldnerin in Zahlungsverzug und es folgt die zweite Mahnung.
Die dritte und letzte Mahnung
Die dritte und letzte Mahnung
Grundsätzlich besteht keine gesetzliche Pflicht, drei Mahnschreiben zu versenden. Allerdings ist eine dritte Mahnung bei Unternehmen meist üblich.
Mahnbescheid beantragen
Kommen Schuldner und Schuldnerinnen trotz Mahnschreiben und telefonischer Kontaktaufnahme durch das Inkasso-Unternehmen der Zahlungsverpflichtung nicht nach, ist der nächste Schritt, einen gerichtlichen Mahnbescheid zu beantragen. Dieser hemmt die Verjährungsfrist für offene Rechnungen, die drei Jahre beträgt, und soll die Forderung des Gläubigers oder der Gläubigern absichern.
Vollstreckungsbescheid beantragen
Reagieren Schuldner:inne innerhalb einer festgesetzten Frist nicht auf den Mahnbescheid, wird der Vollstreckungsbescheid beantragt. Führt dieser ebenfalls nicht zum gewünschten Erfolg, übernimmt das Inkasso-Unternehmen die Zwangsvollstreckung beispielsweise durch die Pfändung von Immobilien oder Lohn- oder Kontopfändungen.
Titelüberwachung einleiten
Mit dem Vollstreckungsbescheid wird ein sogenannter vollstreckungsfähiger Titel erwirkt, der 30 Jahre lang gültig ist. Kann der Bescheid nicht vollstreckt werden, berechtigt dieser Titel das Inkasso-Unternehmen dazu, die finanzielle Situation des Schuldners oder der Schuldnerin zu beobachten und gegebenenfalls erneut Maßnahmen zur Vollstreckung einzuleiten.
So beauftragen Sie ein Inkasso-Unternehmen
Sind die Voraussetzung erfüllt, um Inkasso zu beantragen, können Sie ein Inkasso-Unternehmen schriftlich per Post, FAX oder E-Mail damit beauftragen, in Ihrem Namen ausstehende Zahlungen einzutreiben. Um keine weitere Zeit zu verlieren, liefern Sie gleich alle notwendigen Informationen mit. Hierzu zählen:
- die offenen Rechnungen
- Informationen über geleistete Teilzahlungen
- bereits verschickte Mahnschreiben
- der dazugehörige Schriftverkehr mit Schuldnern und Schuldnerinnen
- die vollständigen Kontaktdaten des Schuldners oder der Schuldnerin
In besonders komplizierten Fällen erklären Sie die Situation in einem zusätzlichen Anschreiben oder in einem Telefonat mit einem Sachbearbeiter oder ein Sachbearbeiterin.
Inkasso beauftragen: Was kostet es und wer trägt die Kosten?
Gängige Kosten für Inkasso-Verfahren
Inkasso-Unternehmen erbringen außergerichtliche Rechtsdienstleistungen gegen Bezahlung. Dazu müssen sie im Rechtsdienstleistungsregister registriert sein und unterliegen den Bestimmungen des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG). Die Berechnung der Inkassogebühren orientiert sich an der Rechtsanwaltsgebührentabelle. Der Gebührensatzrahmen reicht von 0,5 bis 2,5. Die Regelgebühr beträgt 1,3.
- Zinsen auf die Hauptforderung
- Kosten für den Mahnbescheid in Höhe von maximal 25 Euro
- Kosten für die Ermittlung der Adresse des Schuldners und der Schuldnerin
- Gebühren für Bankrücklastschriften
- Vollstreckungskosten
- Kosten für Gerichtsvollzieher:innen
- Schreib- oder Portoauslagen (maximal 20 Euro)
Gemäß § 280 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) tragen Schuldner:innen die Inkassokosten. Hierzu zählen auch die Gerichtsgebühren für den Antrag des gerichtlichen Mahnbescheides und dem Vollstreckungsbescheid sowie Gebühren für die Zwangsvollstreckung und Bankgebühren beispielsweise für Rücklastschriften.
Neues Inkassorecht ab Oktober 2021 für leichte Fälle
Seit dem 1. Oktober 2021 gilt in Deutschland das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht. Dieses Gesetz reduziert besonders die Inkassogebühren für Kleinbeträge und nach der ersten Mahnung bezahlte Rechnungen.
Das passende Inkasso-Unternehmen beauftragen: Darauf sollten Sie achten
Bei der Wahl eines Inkasso-Unternehmens sollten Sie besonders sorgfältig sein. Ein seriöses Unternehmen wird die Situation Ihres Schuldners oder Ihrer Schuldnerin realistisch einschätzen und gegebenenfalls Ratenzahlung für offene Rechnungen mit ihm oder ihr vereinbaren. So besteht für Sie die Möglichkeit, zumindest einen Teil Ihres Geldes schneller zu bekommen.
- Telefongebühren
- Vergleichs- und Ratenzahlungsgebühren, denen der Schuldner und die Schuldnerin nicht zugestimmt hat
- Mahnkosten, obwohl gar keine Mahnungen verschickt wurden
- die zusätzliche Erhebung einer Umsatzsteuer, obwohl diese bereits ordnungsgemäß in der Rechnung, der eigentlichen Hauptforderung, aufgeführt ist.
Unzulässige Gebühren
Fazit: Inkasso beauftragen
Offene Rechnungen haben Auswirkungen auf Ihre eigene Liquidität. Um schneller an Ihr Geld zu kommen, kann es sinnvoll sein, ein Inkasso-Büro mit dem Eintreiben Ihrer Außenstände zu beauftragen.
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