Selbstständige sind von der Pflicht, in die gesetzliche Sozialversicherung einzuzahlen, befreit und müssen selbst für ihre Grundsicherung sorgen. Bei der Wahl ihrer Kranken-, Pflege und Rentenversicherung haben sie die Wahl, sich privat zu versichern oder als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenkasse und Rentenkasse einzuzahlen.
Freiwillige Arbeitslosenversicherung: So sichern Sie sich ab
Das Gleiche gilt für die Absicherung im Fall von Arbeitslosigkeit. Scheitern sie mit ihrer Selbstständigkeit, können Selbstständige, Soloselbstständige, Freiberufler:innen und Freelancer:innen unter bestimmten Voraussetzungen die freiwillige Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen.
Versicherungspflichtverhältnis in der Arbeitslosenversicherung
Selbstständige sind nicht arbeitslosenversicherungspflichtig, haben aber grundsätzlich die Möglichkeit, das sogenannte Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag, die freiwillige Arbeitslosenversicherung, in Anspruch zu nehmen. Wer selbstständig und freiwillig in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung versichert ist, muss allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben.
- Sie waren innerhalb der letzten 30 Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens für 12 Monate entweder freiwillig oder im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses pflichtversichert. Bei den 12 Monaten muss es sich nicht um einen zusammenhängenden Zeitraum handeln. Sie können einzelne Beschäftigungsabschnitte zusammenrechnen. Sie haben sich als Selbstständige/r arbeitslos gemeldet. Arbeiten Sie weiterhin in Ihrer selbstständigen Tätigkeit, darf die wöchentliche Arbeitszeit maximal 15 Stunden betragen.
Arbeitslos und selbstständig
Wann und wo können Sie den Antrag auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung stellen?
Ihr Antrag auf das Versicherungspflichtverhältnis muss spätestens innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme Ihrer selbstständigen Tätigkeit gestellt werden. Später ist die Antragstellung und sie freiwillige Arbeitslosenversicherung nicht mehr möglich. Sie können den Antrag entweder online oder bei der zuständigen Agentur für Arbeit abgeben. Als Nachweis müssen Sie beispielsweise einen Gewerbeschein oder andere Belege vorweisen, aus denen zweifelsfrei hervorgeht, dass Sie einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen. Darüber hinaus müssen Sie für die freiwillige Arbeitslosenversicherung nachweisen, dass Ihre wöchentliche Arbeitszeit als Selbstständige/r mehr als 15 Stunden beträgt.
Wird Ihr Antrag bewilligt, werden Sie von der Agentur für Arbeit über die Zahlungsmodalitäten informiert. Sie können Ihre Beiträge für die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige entweder monatlich zahlen oder den Jahresbeitrag in einer Zahlung entrichten. Die Beitragszahlung ist jeweils zum Monatsersten fällig. Um keine Zahlung zu versäumen, können Sie am SEPA-Lastschriftverfahren teilnehmen. Das Muster für die Einzugsermächtigung für die freiwillige Arbeitslosenversicherung finden Sie online bei der Agentur für Arbeit. Am Ende des Jahres erhalten Sie einen Nachweis über die gezahlten Beiträge. Im Falle der Arbeitslosigkeit müssen Sie diese Nachweise dem Antrag auf Arbeitslosengeld für Selbstständige beifügen.
Erneute freiwillige Versicherung gegen Arbeitslosigkeit
Wer in die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige einzahlt und zum ersten Mal Arbeitslosengeld erhält, kann sich, sobald er oder sie dieselbe selbstständige Tätigkeit wieder aufgenommen hat, erneut freiwillig gegen Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit absichern. Sind Sie selbstständig, werden dann wieder arbeitslos und erhalten zum zweiten Mal Arbeitslosengeld, ist die Weiterversicherung über die freiwillige Arbeitslosenversicherung nur dann möglich, wenn Sie zuvor für den zweiten Arbeitslosengeldbezug einen entsprechenden Anspruch erworben haben. Diesen Anspruch erwerben Sie, wenn Sie zwischen dem ersten und dem zweiten Arbeitslosengeldbezug mindesten 12 Monate lang in die freiwillige Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Liegen zwischen dem ersten und dem zweiten Bezug von Arbeitslosengeld weniger als 12 Monate, heißt das im Umkehrschluss, dass eine erneute Absicherung über die freiwillige Arbeitslosenversicherung nicht mehr möglich ist.
Freiwillige Arbeitslosenversicherung kündigen
Die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige kann frühestens nach fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Ende eines Kalendermonats und muss schriftlich bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden. Das Versicherungsverhältnis endet automatisch, wenn Sie mit Ihrem Beitrag für die freiwillige Arbeitslosenversicherung länger als drei Monate in Verzug sind.
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Wie viel Arbeitslosengeld erhalten Selbstständige?
Arbeitslose, die aus einem Angestelltenverhältnis kommen, erhalten mit Kind 67 Prozent des letzten Nettolohns und ohne Kinder 60 Prozent ihres zuletzt verdienten Nettolohns. Die Höhe des Arbeitslosengeldes für Selbstständige hingegen richtet sich nach einem fiktiven Arbeitsentgelt. Zur Berechnung wird angenommen, dass Sie in den letzten zwei Jahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit für mindestens 150 Tage Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erzielt haben. Darüber hinaus ist die Höhe des Arbeitslosengelds von Ihrer Qualifikation, also Ihrer Ausbildung in Ihrer selbstständigen Tätigkeit, abhängig. Hier unterscheidet die Agentur für Arbeit zwischen vier Qualifikationsgruppen (Q-Gruppen).
Als Richtwert für die freiwillige Arbeitslosenversicherung ergibt sich nach Angaben der Agentur für Arbeit die Höhe des Arbeitslosengeldes für das Jahr 2020 bei Steuerklasse III ohne Kind wie folgt:
- Q-Gruppe 1 (Hoch-/Fachhochschule): 1624,50 Euro
- Q-Gruppe 2 (Fachschule/Meister): 1405,50 Euro
- Q-Gruppe 3 (abgeschlossener Ausbildungsberuf): 1177,50 Euro
- Q-Gruppe 4 (keine Ausbildung): 917,40 Euro
Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist dabei abhängig vom Umfang Ihrer Versicherungszeiten der letzten fünf Jahre vor Eintritt Ihrer Arbeitslosigkeit sowie von Ihrem Alter. So haben Sie beispielsweise bei einem Versicherungspflichtverhältnis von 30 Monaten mit Vollendung des 50. Lebensjahres 15 Monate Anspruch auf den Erhalt des Arbeitslosengelds I (ALG I).
Wie hoch sind die Beiträge für die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige?
Der Beitragssatz für die freiwillige Arbeitslosenversicherung für das Jahr 2020 liegt bei 2,4 Prozent. Die Bezugsgröße ist aber nicht Ihr tatsächliches Einkommen, sondern das Durchschnittseinkommen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Auf Basis dieser Bezugsgrößen von 3.185 Euro in den alten Bundesländern und 3.010 Euro in den neuen Bundesländern liegt der Beitrag für die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige bei 76,44 Euro bzw. 72,24 Euro pro Monat.
Sonderregelungen für GründerInnen
Rechte und Pflichten beim Bezug der freiwilligen Arbeitslosenversicherung
Als Selbstständiger in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung sind Sie genau wie im Angestelltenverhältnis in der Pflicht, eigene Maßnahmen zu ergreifen, um wieder aus der Beschäftigungslosigkeit heraus zukommen. Das heißt, Sie müssen sich aktiv um neuen Kunden und Aufträge bemühen oder sich alternativ auf Jobs im Angestelltenverhältnis bewerben. Darüber hinaus müssen Sie dem Arbeitsmarkt während des Bezugs des Arbeitslosengeldes zur Verfügung stehen und zumutbare Jobs, die die Arbeitsagentur Ihnen vermittelt, auch annehmen.
Auf der anderen Seite haben Sie das Recht, Ihre selbstständige Tätigkeit für 15 Stunden pro Woche fortzuführen. Einnahmen in Höhe bis zu 165 Euro pro Monat werden nicht auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung angerechnet. Diese Zeit können als Selbstständige/r beispielsweise gut für die Kundenakquise nutzen, um aus eigener Kraft wieder Aufträge und damit Umsatz zu generieren.
Freiwillige Arbeitslosenversicherung: Vorübergehende Sonderregelungen aufgrund der Corona-Krise
Für Zahlungsverzugs bei den Beiträgen für die freiwillige Arbeitslosenversicherung 2020 sowie für den Abschluss einer erneuten freiwilligen Arbeitslosenversicherung gelten aktuell aufgrund der Corona-Pandemie Sonderregelungen.
Zahlungsaufschub: Wer seine Beiträge für die freiwillige Arbeitslosenversicherung nicht zahlen kann, bleibt trotzdem weiterhin versichert und erhält einen Aufschub bis zum Juli 2021. Danach müssen Sie die Beitragszahlung wieder aufnehmen und Sie können für die Nachzahlung mit der Agentur für Arbeit Ratenzahlung vereinbaren. Die Mindestrate beträgt 20 Euro pro Monat.
Erneute freiwillige Arbeitslosenversicherung: Im Zeitraum von 30. März 2020 bis 30. Juni 2021 können Sie sich nach der Wiederaufnahme Ihrer selbstständigen Tätigkeit erneut freiwillig absichern, unabhängig davon, ob Sie seit der letzten Arbeitslosigkeit einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben oder nicht.
Nehmen Sie nach der Arbeitslosigkeit wieder eine selbstständige Tätigkeit auf, setzt sich Ihre freiwillige Arbeitslosenversicherung aber nicht automatisch fort, sondern muss erneut beantragt werden.
Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld als Selbstständige/r
Selbstständige, die keinen Anspruch auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung nach dem SGB III haben oder bei denen die Höhe des Arbeitslosengeldes nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, können zur Grundsicherung Arbeitslosengeld II beantragen. Darüber hinaus können Sie weitere finanzielle Hilfen für Selbstständige beantragen wie Sozialhilfe oder Wohngeld. Eine Übersicht der unterschiedlichen Sozialleistungen erhalten Sie in der Broschüre Soziale Sicherung im Überblick des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Außerdem wurde der Zugang zu Finanzhilfen in Form von Darlehen und Zuschüssen insbesondere für Soloselbstständige erleichtert. Informationen hierzu finden Sie beispielsweise beim Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesfinanzministerium.
Freiwillige Arbeitslosenversicherung: Alternativen für Selbstständige
Anders als im Bereich der Krankenversicherung sowie der Rentenversicherung gibt es keine Angebote vonseiten der Versicherer, als Selbstständige/r eine private Arbeitslosenversicherung abzuschließen. Hier müssen Sie selbst dafür sorgen, dass Sie im Fall der Erwerbslosigkeit abgesichert sind. Eine gute Alternative für die freiwillige Arbeitslosenversicherung, um Zeiten ohne Aufträge und Einkommen zu überbrücken, ist es, Rücklagen zu bilden. Bei vielen Selbstständigen, Soloselbstständigen, Freiberufler:innen oder Freelancer:innen reichen die Einnahmen allerdings meist nicht aus, um entsprechend vorzusorgen. Was Ihnen bleibt, ist sich möglichst gut gegen die verschiedenen Risiken, die zu Verdienstausfällen führen können, abzusichern. Beispielsweise können Sie sich mit einer zusätzlichen Krankentagegeldversicherung, einer Unfallversicherung oder einer Berufsunfähigkeitsversicherung gegen längere krankheitsbedingte Ausfälle finanziell absichern.
Lohnt sich die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige?
Trotz eines soliden Businessplans können Sie als Gründer:in nie sicher sein, ob Sie mit Ihrer Selbstständigkeit Erfolg haben wirst. Die freiwillige Arbeitslosenversicherung kann aufgrund der halbierten Beitragssätze während der Gründungsphase gerade für Jungunternehmer durchaus attraktiv sein. Allerdings hängt es auch vom Grad Ihrer Qualifikation ab. Die Beitragshöhe, die Selbstständige, Soloselbstständige, Freiberufler:innen und Freelancer:innen für die freiwillige Arbeitslosenversicherung zahlen müssen, ist unabhängig von ihrer Qualifikation für alle gleich. Allerdings unterscheidet sich die Höhe der Bezüge. Ohne Ausbildung erhalten Sie nicht einmal 1.000 Euro im Monat. Hier kann es sich gegebenenfalls eher rechnen, die Grundsicherung in Anspruch zu nehmen. Die so gesparten Beiträge zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung können Sie alternativ nutzen, um Rücklagen zu bilden.