Ist 2022 das Jahr des Finfluencers und der Finfluencerin? In diesem Financial Literacy Month – einem Monat, der sich zumindest in den USA der Finanzbildung und deren Demokratisierung widmet – möchten wir unseren Leserinnen und Lesern helfen, mehr Sicherheit im Umgang mit ihren Finanzen zu entwickeln. Dafür bieten wir lehrreiche Ressourcen, wichtige Definitionen und Empfehlungen an, die Sie auf diesem Weg unterstützen.
Finfluencer als neue Form der Finanzberatung? 5 Tipps, wie Sie die Experten erkennen
Was ist ein Finfluencer bzw. eine Finfluencerin?
Als Finfluencer:innen bezeichnet man im Allgemeinen eine spezielle Form von Influencer:innen aus der Generation Z und den jungen Millennials, die auf öffentlichen Plattformen und sozialen Netzwerken – häufig TikTok, Instagram und Youtube – Ratschläge zu Finanzen geben und persönliche Erfahrungen zum Thema Geld teilen. In ihren Videos geht es um Haushaltsplanung, Investitionen, Immobilienkauf, Kryptowährungen, Finanztrends und mehr.
Warum sollte man bei FinfluencerInnen vorsichtig sein?
Finfluencer:innen sollten, wie jeder Trend, mit Vorsicht und einem Bewusstsein für die schnelle Zugänglichkeit sozialer Medien behandelt werden. Denn jede Person mit einem Social-Media-Profil kann diese Art von Ratschlägen oft ungefiltert in die Öffentlichkeit tragen – unabhängig vom tatsächlichen Wissensstand und Grad der Professionalität.
Worauf sollte man bei FinfluencerInnen achten?
Der Zweck dieses Artikels ist nicht, die besten und schlechtesten Finfluencer und Finfluencerinnen aufzulisten. Stattdessen möchten wir Ihnen zeigen, langfristig auf dem richtigen Kurs zu bleiben. Im Folgenden finden Sie daher die 5 wichtigsten Aspekte, auf die Sie bei Finfluencer:innen – oder sogar professionellen Finanzberater:innen – achten sollten.
1. Ist ein Finfluencer glaubwürdig?
Die neuseeländische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) empfiehlt den Konsumentinnen und Konsumenten in ihrer Pressemitteilung mit dem Titel „Leitfaden für Finfluencer”: „Im Zweifelsfall ist eine professionelle Finanzberatung durch lizenzierte Beratungsanbieter:innen wahrscheinlich eine gute Idee“.
Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl
In erster Linie sollten Sie Ihrem Bauchgefühl vertrauen. Wenn Ihnen die Empfehlung eines Finfluencers oder einer Finfluencerin riskant erscheint oder Sie nicht komplett von den Aussagen überzeugst sind, sollten Sie sich von diesen kostenlosen Ratschlägen fernhalten und einen Experten oder eine Expertin aufsuchen.
Achten Sie auf Disclaimer
Die Glaubwürdigkeit von Finfluencer:innen zu bestimmen, kann schwierig sein. Viele fügen in ihren Videos einen Legal Disclaimer – als einen Haftungsausschluss – hinzu, in dem sie den Zuschauer:innen versichern, dass sie keine ausgebildeten Finanzberater:innen sind und keine Haftung für ihre Finanztipps übernehmen. Genau darauf sollten Sie achten, denn so werden Sie daran erinnert, dass es sich bei dem, was Sie sehen, letztlich um die persönlichen Erfahrungen einer einzelnen Person handelt – eine Art öffentliches Finanztagebuch.
Führen Sie einen Background-Check durch
Schauen Sie sich jede/n Finfluencerin genauer an. Wenn Sie den folgenden Fragen auf den Grund gehen, können Sie wahrscheinlich schnell selbst erkennen, ob Sie der Person und ihren Ratschlägen vertrauen können:
- Welchen Bildungshintergrund hat sie?
- Hat die Person einen Abschluss im Finanzwesen?
- Führt sie ein Unternehmen oder werden Einnahmen ausschließlich über Social-Media-Kanäle erzielt?
- Hat die Person Bücher zu diesem Thema veröffentlicht?
- Wurde in der Vergangenheit mit Finanzexpertinnen und -experten zusammengearbeitet, z.B. in Form von Podcast-Interviews, Radio- oder Fernsehspots oder Gast-Blogbeiträgen auf angesehenen Finanz-Websites?
Für jede Person des öffentlichen Lebens, die finanzielle Ratschläge erteilt, sollten deren Referenzen leicht zu finden sein. Sie sollten im Voraus immer wissen, mit wem Sie es zu tun haben, und Ihr Vertrauen auf dessen Glaubwürdigkeit aufbauen.
2. Welche Art von Ratschlägen werden gegeben?
Das gilt für beide Seiten: Welchen Rat suchen Sie explizit und passen die Inhalte, die der Finfluencer oder die Finfluencerin teilt, zu diesen Fragestellungen?
Welche Ratschläge suchen Sie?
Angenommen, Sie denken darüber nach, ob Sie in eine Immobilie investieren sollen. Solch eine Investition ist an hohe Ausgaben und eine langfristige Bindung gekoppelt. Sie sollten sich daher über die Immobilienmärkte der Regionen, den allgemeinen Wohnungsmarkt, den Zustand der Immobilie und das Immobilienunternehmen, von dem Sie kaufen möchten, informieren.
Welche Ratschläge geben FinfluencerInnen?
Die gleiche Aufmerksamkeit sollte auch den Finfluencer:innen gewidmet werden. Einige dieser Content Creators teilen persönliche Geschichten und Erfahrungen, ohne Ratschläge zu erteilen. Das kann einerseits eine gute Sache sein, denn über Finanzen zu sprechen ist wichtig, und diese Videos können dem Publikum das Vokabular an die Hand geben, um ihre eigene Situation zu artikulieren, oder sie in die Richtung lenken, mehr zu einem Thema zu recherchieren.
- Woher kommt dieser Ratschlag?
- Wie viele Menschen tun bereits, was die Person vorschlägt, und wie wird das den Markt beeinflussen?
- Warum will diese Person, dass Sie ihren Rat befolgen, wenn sie Sie nicht kennt und nicht in Ihre Situation involviert ist?
3. Auf welcher Plattform sind die FinfluencerInnen aktiv?
Man könnte meinen, die einzigen Plattformen für Finfluencer:innen seien Instagram, TikTok und Youtube. Darüber hinaus können sie aber auch in allen möglichen sozialen Netzwerken auftauchen und die Berücksichtigung der spezifischen Plattform, von der ein Ratschlag kommt, kann ein nützlicher Hinweis dafür sein, ob und in welcher Form Sie ihn annehmen sollten.
Youtube und TikTok
Youtube und TikTok äußern sich gelegentlich zu unseriösen Urheber:innen, ändern als Reaktion darauf ihre Nutzungsbestimmungen oder blockieren bestimmte Inhalte sogar komplett. Aber um ehrlich zu sein, tun sie dies erst, wenn der Schaden bereits angerichtet ist.
Probieren Sie andere Plattformen aus
Wenn Sie auch abseits der üblichen Plattformen nach Finfluencer:innen suchen, werden Sie schnell ein Gefühl dafür bekommen, wer Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Vertrauen verdient. Die Audible-Liste von Hörbüchern von Finfluencer:innen ist ein gutes Beispiel dafür.
4. Welche Erfahrungen können FinfluencerInnen vorweisen?
Erfahrung und Glaubwürdigkeit sind zwei ähnliche Kriterien, die Ihnen bei der Bewertung eines Finfluencers oder einer Finfluencerin helfen können – dennoch gibt es Unterschiede.
FinfluencerInnen sind (häufig) keine Fachleute
Ein Teil des Erfolges, den Finfluencer:innen in den letzten Jahren hatten, fußt auf der Tatsache, dass sie meist keine studierten Profis auf dem Gebiet sind. Dadurch bauen Finfluencer:innen eine Art Nähe zu ihren Zuschauerinnen und Zuschauern auf und kommunizieren auf Augenhöhe. Diese Intimität ihrer Videos ist oft ein Grund dafür, dass sie durch einseitige Interaktionen Vertrauen erwecken.
FinfluencerInnen starten jung
Finfluencer:innen kommen meist aus der Gen Z oder sind junge Millennials. Diese Generationen sind zwar technisch versiert und wissen wahrscheinlich viel mehr über Kryptowährungen und NFTs als ihr Eltern, aber behalten Sie dabei stets im Kopf, dass sie wahrscheinlich noch nie eine große finanzielle Entscheidung treffen mussten. Haben sie den Prozess des Immobilienkaufs durchlaufen, welche Faktoren hatten Einfluss auf ihre Kreditwürdigkeit und sparen sie tatsächlich schon jetzt für ihre Rente?
5. Das Konzept der Popularität
Wie dieser Guardian-Artikel über die Fallstricke des Finfluencer-Trends betont, ist „Popularität nicht gleich Erfolg”. Hunderttausende oder Millionen von Abonnent:innen eines Finfluencers oder einer Finfluencerin sollten auf keinen Falls als Vertrauensbasis genutzt werden.
Fazit: Ein wachsames Auge auf FinfluencerInnen
Wir wollen nicht alle Finfluencer:innen als eine moderne Form des Schlangenöl-Verkaufs in die Geschichtsbücher verdammen. Was wir wollen, ist, dass Sie die Beratung, die Finfluencer:innen anbieten, kritisch und objektiv hinterfragen und sich in allen Finanzfragen weiterbilden.