Die Privatinsolvenz greift bei Privatpersonen, die ihre Schulden nicht zurückzahlen können. Im Rahmen eines geregelten Schuldenabbaus werden sie nach drei Jahren von der Restschuld befreit. Unter bestimmten Voraussetzungen können Unternehmer:innen auch Privatinsolvenz anmelden.
Privatinsolvenz im Überblick
- Die Privatinsolvenz hat das Ziel, Privatpersonen von ihren Schulden zu befreien.
- Unter bestimmten Umständen können auch Unternehmer:innen Privatinsolvenz beantragen.
- Schuldner müssen zunächst versuchen, sich außergerichtlich mit ihren Gläubigern zu einigen.
- Kommt es zum Insolvenzverfahren, läuft dies in vier festgelegten Schritten ab.
Was ist die Privatinsolvenz bzw. Verbraucherinsolvenz?
Die Privatinsolvenz ist ein vereinfachtes Insolvenzverfahren, das bei natürlichen Personen greift, die keine selbstständige Tätigkeit ausüben. Dazu zählen Arbeitnehmende, Arbeitslose oder auch Rentner:innen, die ihre Rechnungen, Miete oder Kreditraten nicht mehr zahlen können.
Neuregelung des Insolvenzrechts
Neben der Befreiung von der Restschuld sorgt der Antrag auf Privatinsolvenz für den Schutz der Schuldner vor Pfändungen. Sobald das Verfahren eröffnet wurde, tritt der sogenannte Pfändungsschutz ein. Das heißt, gegen Schuldner darf nicht länger vollstreckt werden. Mahnungen oder anderen Schreiben ihrer Gläubiger muss Schuldner dann keine Beachtung mehr schenken.
Wo liegen die Unterschiede zur Regelinsolvenz?
Kann ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, sind seine gesetzlichen Vertreter:innen innerhalb einer Frist von drei Wochen gesetzlich dazu verpflichtet, Insolvenz anzumelden. Bei Unternehmen spricht man von der Regelinsolvenz.
Privatinsolvenz | Regelinsolvenz | |
---|---|---|
Wer? | Privatpersonen, die außer Stande sind, ihre Schulden zu bezahlen |
Unternehmen nach einer Frist von 3 Wochen, wenn sie zahlungsunfähig sind |
Wann? | Nach gescheiterter außergerichtlicher Einigung | Nach mindestens 19 Gläubigern und weiteren offene Forderungen |
Unterstützung? | Treuhand |
Unabhängige Insolvenzverwaltung |
Wohlverhaltensphase? | Ja | Nur bei natürlichen Personen |
Wie lange? | Vorläufig bis zum 30. Juni 2025 von 6 auf 3 Jahre verkürzt | Verkürzung gilt für Regelinsolvenz unbeschränkt |
Was sind Vorteile der Privatinsolvenz?
Der wohl größte Vorteil der Privatinsolvenz ist, dass Sie nach drei Jahren wieder schuldenfrei sind. Zudem sind Lohn- und Kontopfändungen durch Gläubiger oder Gerichtsvollzieher:innen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich. Der Pfändungsschutz sichert Ihnen zumindest ein Existenzminimum und Ihr Vermieter darf Ihnen Ihre Wohnung nicht kündigen.
Was sind die Nachteile der Privatinsolvenz?
Allerdings musst Sie damit leben, dass Ihre Insolvenz öffentlich gemacht wird. Neben der Bekanntmachung der Privatinsolvenz durch das Gericht informieren Treuhänder:innen Ihren Arbeitgebenden, Vermieter und Ihre Bank.
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Wie ist der Ablauf der Privatinsolvenz?
Die Privatinsolvenz folgt in Deutschland einem festgelegten Plan, in dem Schuldner folgende Schritte durchlaufen:
- Außergerichtlicher Einigungsversuch
- Anmeldung der Privatinsolvenz
- Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
- Insolvenzverfahren mit anschließender Wohlverhaltensperiode
- Restschuldbefreiung
1. Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
Bevor Schuldner Privatinsolvenz anmelden dürfen, sind sie dazu verpflichtet zu versuchen, sich außergerichtlich mit ihren Gläubigern zu einigen. Da das Prinzip der Restschuldbefreiung auf der Annahme beruht, dass Schuldner nicht in der Lage sind, allen geschuldeten Forderungen nachzukommen, sind Gläubiger in der Regel nicht abgeneigt, eine Einigung ohne Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu erzielen.
2. Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
Scheitert der außergerichtliche Einigungsversuch, darf die Privatinsolvenz beantragt werden. Für den Antrag muss der Schuldenbereinigungsplan sowie ein Nachweis über den gescheiterten Einigungsversuch ausgestellt von einer Anwaltskanzlei oder einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle vorgelegt werden.
3. Gerichtliches Insolvenzverfahren
Um Privatinsolvenz beim zuständigen Insolvenzgericht zu beantragen, sind folgende Unterlagen notwendig:
- eine Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung
- ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung
- die Vermögensaufstellung des Schuldners
- ein Verzeichnis sämtlicher Gläubiger sowie deren Forderungen
- der Schuldenbereinigungsplan
In dieser Phase prüft das Gericht, ob die Insolvenzmasse ausreicht, um die Verfahrenskosten der Privatinsolvenz zu decken. Reicht sie nicht aus, müssen Schuldner noch die Stundung der Verfahrenskosten beantragen. Damit erhält sie einen Zahlungsaufschub der Verfahrenskosten und müssen diese erst nach der Restschuldbefreiung begleichen.
4. Wohlverhaltensphase
Im Rahmen der Wohlverhaltensphase müssen Schuldner dazu beitragen, zumindest einen Teil ihrer Schulden im vereinbarten Zeitraum von drei, fünf oder sechs Jahren zurückzuzahlen.
Dauer der Wohlverhaltensperiode
Dazu überwachen Treuhänder:innen das pfändbare Vermögen der Schuldner und begleichen damit die Verfahrenskosten. Die Forderungen der Gläubiger zahlen sie einmal im Jahr aus.
Insolvenzplanverfahren
5. Restschuldbefreiung
Drei Jahre nach Eröffnung des gerichtlichen Insolvenzverfahrens entscheidet das Gericht über die Restschuldbefreiung. Ausgenommen von dieser Befreiung sind
- Unterhaltszahlungen
- Geldstrafen
- Bußgelder
- Ordnungs- und Zwangsgelder
- Steuerschulden
- Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, Steuerstraftaten oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen
Im Rahmen der Restschuldbefreiung werden die Schulden gelöscht, ohne vollständig beglichen zu werden. Entsprechend hat die Privatinsolvenz auch nach der Restschuldbefreiung Einfluss auf die Kreditwürdigkeit. Zudem speichert die SCHUFA die Einträge zur Restschuldbefreiung für weitere drei Jahre nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
Was kostet eine Verbraucherinsolvenz?
Ziel der Privatinsolvenz ist, überschuldete Personen von der finanziellen Last zu befreien. Um dieses Ziel zu erreichen, fallen aber zunächst Kosten für Beratung, Betreuung sowie Verfahrenskosten an. Wie hoch die Kosten tatsächlich ausfallen, hängt vom Einzelfall ab.
Fazit: Schuldenfrei in drei Jahren dank Privatinsolvenz
Ob privat oder beruflich: Scheitern gehört zum Leben. Dank der Möglichkeit, Privatinsolvenz anzumelden, belasten Schulden Sie aber nicht ein Leben lang. Die Restschuldbefreiung verhilft Ihnen zu einem schuldenfreien Neuanfang. Bis dahin müssen Sie sich natürlich einschränken und zahlreiche Auflagen beachten. Und selbst nach der Restschuldbefreiung werden Sie vermutlich noch einige Zeit mit einer schlechten Kreditwürdigkeit rechnen müssen. Dennoch können Sie Ihre Schulden hinter sich lassen und nach drei Jahren neu durchstarten!