Versagensängste können ein sehr komplexes Phänomen sein und ihren Ursprung in verschiedenen Lebensphasen oder Erfahrungen haben. Nicht selten beginnt die Prägung schon in der Kindheit. Wenn beispielsweise Eltern oder Lehrkräfte hohe Erwartungen stellen und Liebe sowie Anerkennung an Leistungen knüpfen, kann das die Grundlage für spätere Versagensängste legen. Auch im Berufsleben setzen sich diese Muster häufig fort: Der Druck, stets Höchstleistungen zu erbringen, kann selbst bei gestandenen Unternehmer:innen und Selbstständigen zu der Sorge führen, "nicht mithalten zu können".
Dazu kommt - gerade in der deutschen Gründerszene - die unrealistische Erwartungshaltung der Gesellschaft, dass ein unternehmerisches Scheitern ein persönliches Versagen ist. Es wird nur über die Unternehmen gesprochen, die eine rasante Entwicklung nehmen und erfolgreich sind, während kleinere Unternehmungen oder gar gescheiterte Konzepte unter dem Radar bleiben. Dabei können wir aus diesen Fehlern so viel lernen und mitnehmen. Ein gutes Gegenbeispiel sind in diesem Zusammenhang die “Fuckup-Nights”, bei denen “gescheiterte” Gründer:innen über ihre Fehler und Herausforderungen berichten.
Psychologisch gesehen sind bei Versagensängsten häufig zwei Denkmuster im Spiel: "Aufgeregtheit" und "Besorgtheit". Diese emotionalen Zustände führen dazu, dass man sich in angstauslösenden Momenten weniger auf die zu bewältigende Aufgabe, sondern mehr auf die eigene Anspannung fokussiert. Dies wiederum beeinträchtigt die Leistung und verstärkt die Angst vor dem Scheitern.
Darüber hinaus sind Versagensängste oft mit einem instabilen Selbstbild und geringem Selbstwertgefühl verknüpft. Die eigentliche Angst zielt weniger auf das Scheitern selbst, sondern vielmehr darauf, nicht den Erwartungen anderer oder des eigenen Perfektionsanspruchs gerecht zu werden. Man fürchtet gesellschaftliche Ablehnung, den Verlust wichtiger Beziehungen oder das Scheitern des eigenen Selbstbildes.
In der heutigen Zeit können auch externe Faktoren, wie z.B. die rasante technologische Entwicklung oder globale Herausforderungen wie die Corona-Pandemie, zusätzlichen Druck erzeugen. Sie tragen dazu bei, dass sich Menschen in ihrer Leistungsfähigkeit unsicher fühlen, was wiederum Versagensängste schüren kann.
Das Bewusstsein für genau diese Mechanismen ist ein erster wichtiger Schritt zur Überwindung der Versagensängste. Denn nur wer die Ursachen kennt, kann effektiv an Lösungen arbeiten.