Rücklagen
Besonders in der aktuellen Zeit ist es sowohl für Gründer:innen als auch für etablierte Unternehmen wichtig, mit einem Teil ihrer Gewinne ein finanzielles Sicherheitsnetz aufzubauen. Auf diese Rücklagen können Unternehmer:innen zurückgreifen, um finanzielle Engpässe zu überbrücken und zahlungsfähig zu bleiben.
Im Rechnungswesen werden variable Bestandteile des Eigenkapitals, die Unternehmen als stille Reserve dienen, als Rücklagen bezeichnet. Dieses Kapital wird in der Bilanz weder als Gewinnvortrag noch als Jahresüberschuss oder gezeichnetes Kapital – ausgewiesen.
Im Gegensatz zum gezeichneten Kapital, dass in der Regel keinen Veränderungen unterliegt, sondern konstant bleibt, spricht man bei Rücklagen von variablen Teilen des Eigenkapitals, dass sich im Hinblick auf Gewinnverwendung oder seinen Verwendungszweck ändern kann. Zusätzlich dienen Rücklagen Unternehmen als zusätzliches Haftungskapital, um im Schadensfalls Gläubiger:innen zu befriedigen.
Möchten Sie eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft gründen, sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, Rücklagen zu bilden. Personengesellschaften bleibt es selbst überlassen, ob sie einen entsprechenden Passus in ihren Gesellschaftsvertrag aufnehmen.
Wo liegt der Unterschied zwischen Rücklagen und Rückstellungen
Rücklagen werden aus den Gewinnen eines Unternehmens einbehalten und gelten als Eigenkapital. Rückstellungen stellen im Gegensatz dazu Fremdkapital dar. Dabei handelt es sich um Verbindlichkeiten, die ein Unternehmen mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet.
Welche Arten von Rücklagen gibt es?
Es wird zwischen offenen und stillen Rücklagen unterschieden.
Offene Rücklagen
Die offenen Rücklagen werden gesondert auf einem Rücklagenkonto bilanziert. Hierzu zählen sowohl Kapitalrücklagen als auch Gewinnrücklagen.
- Gewinnrücklagen entstehen im Rahmen der Innenfinanzierung eines Unternehmens durch das zurückhalten von Gewinnen.
- Kapitalrücklagen entstehen im Rahmen der Außenfinanzierung – beispielsweise durch zusätzliches Eigenkapital durch Gesellschafterzuzahlungen.
Stille Rücklagen
Stille Rücklagen oder stille Reserven werden auch als verdeckte Rücklagen bezeichnet und tauchen nicht im Jahresabschluss eines Unternehmens auf. Sie entstehen beispielsweise durch die Unterbewertung von Anlagevermögen, die Überbewertung von Rückstellungen oder durch nicht aktivierte geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG).
Rücklagen bilden in verschiedenen Rechtsformen
Je nach Rechtsform eines Unternehmens gelten unterschiedliche Vorschriften für den Umgang mit Rücklagen.
Rücklagen bei Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften wie die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die UG (Unternehmergesellschaft) oder Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) sind gesetzlich dazu verpflichtet, Rücklagen zu bilden.
Die Rücklagen dienen dazu, finanzielle Schieflagen auszugleichen. Zudem dienen sie zusätzlich zum gezeichneten Kapital als Haftungskapital und erhöhen die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens.
Bei den Rücklagen einer Kapitalgesellschaft wird wie oben beschrieben zwischen Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen unterschieden. Hierbei handelt es sich um versteuerte Rücklagen, die erst nach der Gewinnermittlung gebildet werden. Rücklagen tauchen in der Bilanz grundsätzlich auf der Passivseite als Eigenkapital eines Unternehmens auf.
Bei den Gewinnrücklagen wird unterschieden zwischen:
- gesetzlichen Rücklagen
- satzungsmäßigen Rücklagen
- anderen (freien) Gewinnrücklagen
Bei den Kapitalrücklagen wird noch einmal zwischen gebundenen und ungebundenen Rücklagen unterschieden. Während ungebundene Rücklagen jederzeit aufgelöst und frei verwendet werden dürfen, dienen gebundene Kapitalrücklagen einzig dem Zweck, Verluste abzudecken.
Die Gewinnrücklage wird in der Bilanz in eine gesetzliche Rücklage, eine satzungsmäßige Rücklage und andere freie Rücklagen unterteilt (vgl. § 224 UGB). Die Höhe der gesetzlichen Rücklage variiert je nach Art der Kapitalgesellschaft:
- Aktiengesellschaften müssen mindestens 10 % ihres Grundkapitals zurücklegen.
- Die KGaA muss 5 % ihres Jahresüberschusses als Rücklage verwenden, bis die Rücklage 10 % ihres Grundkapitals erreicht hat.
- Die UG muss aufgrund des fehlenden Stammkapitals mindestens 25 % ihrer Gewinne als Rücklage zurückhalten (Gewinnthesaurierung).
- Sofern die GmbH das Stammkapital von 25.000 € in voller Höhe hinterlegt hat, ist sie nicht zur fortlaufenden Rücklagenbildung verpflichtet.
Rücklagen bei Genossenschaften
Genossenschaften sind dazu verpflichtet, gesetzliche Rücklagen zu bilden, um mögliche Verluste in der Bilanz ausgleichen zu können. Zusätzlich zur gesetzlichen Rücklage kann sie weitere Ergebnisrücklagen bilden.
Wie hoch die Rücklage ausfällt und wie sie gebildet wird, legt die Satzung der Genossenschaft fest. Entscheidend ist, dass der Rücklagen immer ein Teil des Jahresüberschusses zugeführt wird.
Rücklagen spielen in Genossenschaften eine besondere Rolle. Sie stellt Kapital dar, dass der Genossenschaft nicht genommen werden kann: Ausscheidende Mitglieder haben keinen Anspruch auf dieses Kapital.
Rücklagen bei Personengesellschaften
Bei Personengesellschaften werden keine Rücklagen ausgewiesen. Gewinne, die zur Rücklagenbildung zurückgehalten werden, werden den sogenannten variablen Eigenkapitalkonten der Gesellschaft zugerechnet.
Was sind steuerfreie Rücklagen?
Unternehmen sind unabhängig von ihrer Rechtsform dazu berechtigt, steuerfreie Rücklagen einzustellen. Sie stellen im Steuerrecht eine Möglichkeit dar, stille Reserven auf einen späteren Besteuerungszeitraum oder auch auf andere Wirtschaftsgüter zu übertragen.
Bei diesen steuerfreien Rücklagen handelt es sich um zweckgebundene Rücklagen, die zur Ersatzbeschaffung, für Reinvestitionen oder einen Übernahme- oder Konfusionsgewinn gebildet werden.
Wie muss man Rücklagen buchen?
Die Struktur, wie Rücklagen in der Bilanz gebucht werden, gibt § 266 Handelsgesetzbuch (HGB) vor. Sie finden sich auf der Passivseite unter dem Eigenkapital eines Unternehmens.
Wie werden Rücklagen aufgelöst?
Bei einer Rücklage handelt es sich um zweckgebundenes Kapital. Entsprechend darf sie nur dann aufgelöst werden, wenn der entsprechende Zweck erfüllt wurde.
Wurde beispielsweise mithilfe der Rücklage in der UG ein Stammkapital von 25.000 € erreicht, ist die UG nicht länger verpflichtet, weitere Rücklagen zu bilden und könnte Überschüsse auflösen.
Gemäß § 150 Abs. 3 und 4 des Aktiengesetzes (AktG) ist die Verwendung der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage in der AG streng geregelt und darf nur unter bestimmten Voraussetzungen anderweitig genutzt werden. Die Auflösung der Gewinnrücklage zur Gewinnausschüttung ist nicht zulässig.