Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind mit Aufnahme ihrer Berufstätigkeit grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Bestimmte Berufsgruppen wie Minijobber:innen aber auch Selbstständige können sich unter bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
Was bedeutet die gesetzliche Rentenversicherungspflicht?
Die gesetzliche Rentenversicherung ist ein Zweig der gesetzlichen Sozialversicherung, der die Grundsicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Alter gewährleistet.
Darüber hinaus sichert sie mit der Rente wegen verminderter Erwerbstätigkeit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch wenige Stunden am Tag arbeiten können. Sie leistet im Falle des Todes Ersatz für den fehlenden Unterhalt in Form von Hinterbliebenenrenten und gewährt Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation, wenn die Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen gefährdet oder bereits beeinträchtigt ist.
Die gesetzliche Rentenversicherung wird bundesweit vom Deutschen Rentenversicherung Bund mit Sitz in Berlin getragen.
Wer ist rentenversicherungspflichtig?
Grundsätzlich besteht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die gesetzliche Rentenversicherungspflicht. Für Auszubildende sind ebenfalls bereits pflichtversichert. Diese Rentenversicherungspflicht betrifft aber auch bestimmte Gruppen von Selbstständigen, Minijobber:innen sowie weitere Personenkreise.
Eine Übersicht der Versicherungspflichtigen sowie alle weiteren Regelungen zur gesetzlichen Rentenversicherung finden Sie im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Als rentenversicherungspflichtiges Einkommen oder rentenversicherungspflichtige Einnahmen bezeichnet man das monatliche Bruttoeinkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 7.050 € in den alten Bundesländern und 6.750 € in den neuen Bundesländern (2022).
Die Rentenansprüche hängen davon ab, ob und in welcher Höhe Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt wurden. Sobald alle Voraussetzungen für den Rentenbezug erfüllt sind, wird dieser Anspruch mit Renteneintritt zum Monatsersten geleistet.
Wer nicht der Rentenversicherungspflicht unterliegt, kann trotzdem freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Die Voraussetzungen dafür sind, dass die Beitragszahler:innen mindestens 16 Jahre alt sind und in Deutschland leben oder sich als Deutsche im Ausland aufhalten.
Besteht für Selbstständige die Rentenversicherungspflicht?
Als Existenzgründer:in, Selbstständige oder Freiberufler:in sind Sie weitestgehend von der Rentenversicherungspflicht befreit und brauchen keine Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Voraussetzung für die Befreiung ist, dass Sie nicht ausschließlich für einen Auftraggeber arbeiten und keine eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.
Ausgenommen von der Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen, sind Selbstständige und Freiberufler:innen, die eine der folgenden Tätigkeiten ausüben:
- Lehrer:innen und Erzieher:innen,
- Künstler:innen und Publizist:innen, die Mitglieder in der Künstlersozialkasse sind,
- Handwerker:innen, die in die Handwerkerrolle eingetragen sind. Welche Handwerke zulassungspflichtig und welche zulassungsfrei oder handwerksähnlich sind, regelt die Handwerksordnung.
- Pflegepersonal, Hebammen und Entbindungspfleger:innen,
- Hausgewerbetreibende sowie
- Seelots:innen und Küstenschiffer:innen und Küstenfischer:innen, die zur Besatzung ihres eigenen Boots gehören, als Küstenfischer:innen ohne Boot fischen und nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmende beschäftigen.
Rentenversicherungspflicht bei Minijobber:innen
Was sind Pflichtbeitragszeiten?
Pflichtbeitragszeiten sind die Zeiträume, in denen im Rahmen der Rentenversicherungspflicht gemäß § 55 SGB VI Pflichtbeiträge in die Rentenkasse eingezahlt wurden. Diese ergeben sich aus Arbeitnehmerverhältnissen oder aus versicherungspflichtigen selbstständig erbrachten Tätigkeiten.
Bei den Pflichtbeiträgen unterscheidet das Rentengesetz zwischen tatsächlich oder fiktiv gezahlten Beiträgen. Bei den fiktiven Beiträgen handelt es sich beispielsweise um Kindererziehungszeiten, für die einem Elternteil aus Gründen der Gleichstellung der Pflichtbeitrag angerechnet wird. Oder um Pflegezeiten, bei denen ein pflegebedürftiges Familienmitglied mindestens 14 Stunden wöchentlich nicht erwerbsmäßig in seinem Zuhause gepflegt.
Den Pflichtbeitragszeiten gegenüber stehen die Zeiten, in denen freiwillig Beiträge gezahlt wurden. Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II (Hartz IV) oder Übergangsgeld werden ebenfalls auf die Pflichtbeitragszeiten angerechnet.
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Wer kann sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen?
Wer als selbstständige Person laut Gesetz rentenversicherungspflichtig ist, kann sich unter bestimmten Umständen dennoch per Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
1. Um sich als Existenzgründer:in finanziell in den ersten drei Jahren Ihrer selbstständigen Tätigkeit zu entlasten, können Sie einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht stellen. Nach Ablauf der drei Jahre kommt es darauf an, ob Sie als Selbstständiger eine Tätigkeit ausüben, die als rentenversicherungspflichtig gilt. Ist das der Fall, sind Sie wieder verpflichtet, in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen. Dieser erneuten Versicherungspflicht können Sie entgehen, wenn es Ihnen gelungen ist, weitere Auftraggeber zu gewinnen und Sie nicht mehr hauptsächlich für nur einen Auftraggeber tätig sind. Die zweite Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen, besteht darin, versicherungspflichtige Angestellte zu beschäftigen. Um die Versicherungsfreiheit zu erlangen, muss das monatliche Bruttogehalt Ihrer Angestellten mindestens über der Geringfügigkeitsgrenze von aktuell 520 € liegen. Dieses Gehalt können Sie sowohl an einen einzigen sozialversicherungspflichtigen Angestellten als auch aufgeteilt an mehrere Minijobber:innen zahlen. Da Minijobber:innen maximal 520 € im Monat steuer- und sozialversicherungsfrei verdienen dürfen, müssen Sie mindestens zwei Minijobber:innen beschäftigen, um die Geringfügigkeitsgrenze zu überschreiten. Trifft einer dieser Umständen auf Sie zu, erfüllen Sie nicht mehr die Voraussetzungen eines arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen und sind von der Rentenversicherungspflicht befreit.
2. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts zählen Sie als geschäftsführender Gesellschafter oder Gesellschafterin einer GmbH ebenfalls zum Personenkreis der arbeitnehmerähnlichen Angestellten. Sie haben einen Dienstvertrag mit nur einem Auftraggeber – der GmbH – geschlossen und Sie selbst beschäftigen auch keine Angestellten. Um die gesetzliche Rentenversicherungspflicht zu umgehen, können Sie als Geschäftsführer:in selbst einen oder mehrere sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer einstellen und sie im Anschluss der GmbH im Rahmen eines Dienstverschaffungsvertrages überlassen. Hier müssen Sie allerdings darauf achten, nicht gegen die Regelungen der Arbeitnehmerüberlassung zu verstoßen. Wenn Sie neben der GmbH noch für weitere Auftraggeber tätig sind und mindestens ein Sechstel Ihrer Einkünfte daraus beziehst, entfällt die Rentenversicherungspflicht ebenfalls. In diesem Fall müssen in Ihrem Dienstvertrag allerdings geregelt sein, dass Sie eine Nebentätigkeit ausüben dürfen und Sie nicht gegen ein eventuelles Wettbewerbsverbot verstoßen.
3. Berufsgruppen und Freiberufler:innen, die in Berufskammern organisiert sind, können in der Regel durch die berufsständigen Versorgungswerke eine eigene Altersvorsorge in Anspruch nehmen und sind damit von der Rentenversicherungspflicht befreit. Zu diesen Kammerberufen zählen u. a. Rechtsanwält:innen, Architekt:innen, Notar:innen, Steuerberater:innen, Wirtschaftsprüfer:innen, Ärzt:innen oder Apotheker:innen. Für diese Berufe ist die Zugehörigkeit zu den Berufskammern sowie die Einzahlung in die kammereigene Rentenversicherung auch für Selbstständige verpflichtend. Damit sie nicht doppelt zahlen, können Angehörige der Kammern sich von der Rentenversicherungspflicht der gesetzlichen Rentenkassen befreien lassen.
4. Haben Sie bereits das 58. Lebensjahr vollendet und möchten zum ersten Mal in Ihrem Leben als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger arbeiten, sind Sie als ruhestandsnaher Selbstständiger vollständig von der Rentenversicherungspflicht befreit.
5. Handwerker:innen, die in die Handwerksrolle eingetragen und somit gesetzlich rentenversichert sind, haben grundsätzlich auch das Recht, sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Voraussetzung für die Genehmigung des Antrags ist allerdings, dass sie mindestens 18 Jahre, was der Zahlung der Pflichtbeiträge von 216 Kalendermonaten entspricht, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben.
6. Für Handelsvertreter:innen gelten Sonderregelungen bei der Rentenversicherungspflicht. Ein Handelsvertreter oder eine Handelsvertreterin vermittelt als selbständig gewerbetreibende Person Geschäfte für ein anderes Unternehmen oder schließt Geschäfte in dessen Namen ab. Können Sie sich dabei Ihre Zeit frei einteilen und Ihre Arbeitsweise im wesentlichen selbst bestimmen, gelten Sie als selbstständig und unterliegen nicht der Rentenversicherungspflicht. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, unterliegen auch Handelsvertreter:innen als Selbstständige der Rentenversicherungspflicht. Anhaltspunkte für diese Art der Scheinselbstständigkeit sind Umsatzvorgaben eines Auftraggebers, vorgegebene Pflichttermine bei Kund:innen, Urlaubsabstimmung mit dem Auftraggeber oder ein Verbot, Angestellte einzustellen.
Ist die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige sinnvoll?
Selbstständige und Freiberufler:innen unterliegen im Gegensatz zu versicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur unter bestimmten Voraussetzungen der Rentenversicherungspflicht. Sie müssen also selbst Vorsorge für Ihr Rentenalter treffen. Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, um sich für Ihren Ruhestand abzusichern.
Wer von der Rentenversicherungspflicht befreit ist, kann sich trotzdem auch freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern lassen. Diese freiwillige Beitragszahlung sichert Sie nicht nur im Alter, sondern auch im Fall einer Erwerbsunfähigkeit ab. Während die Beitragshöhe bei Angestellten von ihrem Bruttogehalt abhängig ist, können Sie als freiwillig Versicherte flexibel die Höhe Ihres Beitrages wählen. Der Höchstbetrag zur freiwilligen Versicherung liegt in den alten und neuen Bundesländern aktuell 1283,40 € im Monat. Der Mindestbeitrag zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt 83,70 € monatlich. Zusätzlich haben Sie die Wahl, ob Sie Ihre Beiträge monatlich oder einmal im Jahr bezahlen möchten. Auf Basis Ihrer Einzahlungen erwerben Sie einen Anspruch auf Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Um den Anspruch nicht zu verlieren, müssen Sie Ihre Beiträge regelmäßig leisten und dürfen keine Lücken entstehen lassen. Darüber hinaus können Sie die freiwillige Versicherung jederzeit unterbrechen oder beenden, indem Sie sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
Die private Rentenversicherung als Alternative zur Rentenversicherungspflicht
Die Regierung denkt darüber nach, die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige gesetzlich festzuschreiben. Ob es dazu kommt, ist noch unklar. Bis dahin entscheiden Sie allein, wie Sie für Ihr Alter vorsorgen möchten.
Sie haben dabei die Wahl, ob Sie freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, eine private Rentenversicherung abschließen oder sich für eine Kombination entscheiden.
Für Selbstständige und Freiberufler:innen, die von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, bietet es sich an, die Altersvorsorge auf mehrere Säulen zu verteilen.
- Die staatliche Rente ist nur eine Grundsicherung und kann Ihren Lebensstandard, den Sie sich mit Ihrer Selbstständigkeit erarbeitet haben, vermutlich nicht halten. Dafür sind die Zahlungen aber durch den Staat garantiert.
- Selbstständige und Freiberufler:innen dürfen in der Regel nicht „riestern“, dafür unterstützt Sie der Staat alternativ mit der Rürup-Rente.
- Immobilien oder Aktiensparpläne sind ebenfalls eine gute Möglichkeit, Ihr Alter zu finanzieren. Allerdings sind diese Rücklagen nicht insolvenzsicher.
- Die private Rentenversicherung können Sie ergänzend zur gesetzlichen Rentenversicherung oder auch als alleinige Alterssicherung in Anspruch nehmen. Hier profitieren Sie von einer hohen Flexibilität und von möglichen hohen Renditen.
Unabhängig davon, ob Sie von der Rentenversicherungspflicht befreit sind oder für welche Variante Sie sich entscheiden, sollten Sie das Thema Altersvorsorge auf gar keinen Fall vernachlässigen, um nicht bis in das hohe Rentenalter arbeiten zu müssen.
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