Mit der Frage der Sollversteuerung oder Istversteuerung und dem genauen Ablauf muss sich jeder Unternehmer, der eine Rechnung schreibt, vom ersten Gründungstag an auseinandersetzen. Dabei geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Umsatzsteuer (USt) einer Rechnung an das Finanzamt gemeldet werden muss.
Lediglich die Firmen, die nicht umsatzsteuerpflichtig sind, müssen sich nicht mit dieser Thematik befassen. Bei grenzüberschreitendem Handel innerhalb der EU greift bei der Umsatzsteuer häufig das Reverse-Charge-Verfahren. In diesem Fall müssen Unternehmer zwar eine Reihe von Regeln beachten, allerdings diese Geschäfte nicht mit in der Umsatzsteuervoranmeldung deklarieren.
Sollversteuerung als Regel
Ansonsten betrifft diese Frage jeden, der ein Unternehmen führt, und zwar unabhängig davon, wie der Gewinn ermittelt wird. Auch kann man sagen, dass die Sollversteuerung die Regel ist. Eine Istversteuerung dagegen muss beantragt werden und wird nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt; dazu finden Sie in diesem Artikel später mehr Informationen.
Leistungen und Lieferungen sofort melden
Wer also eine Umsatzsteuer auf seinen Rechnungen unter Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-ID ausweist, muss diese bekanntermaßen und in der Regel am 10. des Folgemonats abführen. Alternativ werden quartalsmäßige oder jährliche Abgaben genehmigt. Bei der Sollversteuerung findet diese Abgabe unabhängig davon statt, ob die Kunden bereits bezahlt haben.
Es gilt für die Meldung an das Amt weder das Rechnungsdatum noch die Zahlung selbst, sondern ausschließlich das Datum der Leistung oder Lieferung. Dieses Datum entspricht meistens einfach dem Moment der Verfügungsgewalt des Leistungsempfängers über die Ware, das Werk, die Dienstleistung oder die Lieferung.
Ein Beispiel zur Sollversteuerung
Wenn Mitte des Monats Februar eine Netto-Rechnung über 1.000 Euro erstellt wird, beträgt die Umsatzsteuer (aktuell 16 Prozent) 160 Euro. Diese muss am 10. des folgenden Monats, also im März, gemeldet und überwiesen werden, auch wenn der Kunde erst in zwei Monaten nach Rechnungsdatum (April) bezahlt.
Umsatzsteuer in Vorleistung
Das bedeutet auch, in Vorleistung zu gehen, wenn das Geld noch nicht auf dem Firmenkonto eingegangen ist. Je nach Unternehmen kann es sich dabei um einige Tausend Euro handeln.
Wer Pech hat, bekommt trotz ausgestellter Rechnung und gelieferter Ware oder Dienstleistung überhaupt kein Geld vom Kunden, weil dieser aus irgendwelchen Gründen nicht zahlen kann oder will.
Natürlich kann man sich sein Geld in solchen Fällen wieder vom Amt zurückholen, aber das bedeutet einen Mehraufwand und das Geld, das bereits bezahlt wurde, steht außerdem vorerst nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung, die liquiden Mittel sind geschmälert.
Kostenmanagement bei Sollversteuerung
Ein gutes Kostenmanagement ist bei der Sollversteuerung für Unternehmen daher unabdingbar. Doch auch unabhängig von der Entrichtung der ausgewiesenen Umsatzsteuer ist es für Selbstständige empfehlenswert, die Grundlagen des Controllings zu kennen.
Immerhin ist eine gewissenhafte und vorausschauende Finanzverwaltung (Betriebsausgaben, Fahrtkosten, korrekt geführtes Kassenbuch, präzise Berechnung der Selbstkosten der angebotenen Waren oder Dienstleistungen ...) grundlegend für den Erfolg jeder Selbstständigkeit.
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Der Umsatzsteuersatz wird dabei automatisch berechnet, sodass Sie ihn nur noch mit einem Klick bestätigen müssen. Außerdem können Sie (Auslands-)Überweisungen via SEPA und SWIFT vornehmen, mit der X Card im Ausland zu realen Wechselkursen zahlen und Ihre Transaktionen in Echtzeit einsehen.
Die Istversteuerung
Die Istversteuerung muss als alternative Versteuerung wie erwähnt beantragt werden. Zudem sind nur folgende Gruppen berechtigt, diesen Antrag zu stellen:
- Kleinunternehmer, die keine Buchhaltung benötigen
- Firmeninhaber, die einen Umsatz von weniger als 500.000 Euro jährlich haben
- Angehörige der freien Berufe (Künstler, Ärzte, Architekten, Journalisten, Steuerberater und andere)
Zweites Beispiel
Um an das oben genannte Beispiel anzuknüpfen: Wenn der Kunde erst im April bezahlt, wird die Umsatzsteuer von 160 Euro bei der Istversteuerung erst zum 10. Mai fällig.
Diese Regelung entlastet vor allem kleinere Firmen, die nur gelegentlich Großaufträge erhalten, dabei ein längeres Zahlungsziel gewähren und bei der Sollversteuerung jedes Mal tief in die noch leere Tasche greifen müssten.
Ausnahme: Anzahlung
Eine Ausnahme von der Sollversteuerung gibt es außerdem,
- wenn vonseiten des Leistungsempfängers Anzahlungen geleistet werden und
- wenn diese vor der eigentlichen vereinbarten Leistung erfolgen.
Das ist zum Beispiel bei Abschlagzahlungen der Fall. Auch können die Anzahlungen in beliebiger Höhe erfolgen. Dann wird die Umsatzsteuer auf Basis der Ist-Zustands gezahlt. Dies wird laut UStG Mindest-Istversteuerung genannt.
Der Vorsteuerabzug
Der Vorsteuerabzug im Zuge der Umsatzsteuervoranmeldung und die Zahlung für Leistungen, die das eigene Unternehmen erhalten hat, bleibt von der Regelung Soll und Ist unberührt.
Ausnahme: Teilleistungen
Ebenso wird eine Teilleistung bei einer Sollversteuerung zur Zahlung der Umsatzsteuer fällig, und zwar dann, wenn sie entsteht bzw. im Folgemonat. Dabei muss allerdings gewährleistet sein, dass die Leistung wirtschaftlich sinnvoll geteilt werden kann. Auch darf sie nicht als Ganzes, sondern das Entgelt muss in Teilen geschuldet werden. Typische Beispiele für solche Teilleistungen sind monatliche Mieten.
Der Steuerwechsel
Außerdem gilt es, bei einem Wechsel von der einen zur anderen Steuer unbedingt aufzupassen. Die Buchhaltung muss in jedem Fall darauf achten, die Umsätze weder unversteuert zu lassen (beim Wechsel von Ist nach Soll) noch doppelt zu besteuern (beim Wechsel von Soll nach Ist).
Es gibt auch spezielle Steuerprogramme, die auf Ist oder Soll eingestellt werden können. Hier muss man ebenfalls bei einem Wechsel aufpassen. Alternativ zur buchhalterischen Abteilung im eigenen Haus kann auch Kontakt zu einem Steuerberater aufgenommen werden, der mit den USt-Abgaben sowie mit vielen anderen Aufgaben beauftragt werden kann. Er kann beispielsweise die verschiedenen Besteuerungs-Modelle durchspielen und auf diese Weise testen, welches das jeweils vorteilhafteste ist.
Fazit
Wann eine Abgabe der USt an das Finanzamt fällig ist, hängt von der Veranlagung der Firma ab. Der Unterschied für Unternehmer kann je nach Umsatz einige Tausend Euro betragen. Ist die Möglichkeit gegeben, kann der Zeitpunkt der Zahlungen auf Antrag verändert werden. Dafür müssen allerdings diverse Voraussetzungen erfüllt sein.
Die Sollversteuerung erfordert ein Entgelt auch bevor die Rechnungen durch den Kunden bezahlt worden sind, denn sie wird für die Firma bereits im Folgemonat fällig. Die Istversteuerung dagegen schont den Geldbeutel, denn hier muss die Umsatzsteuer einer Rechnung nicht so schnell überwiesen werden: Berechnet wird sie, wenn das Geld, das der Leistungsempfänger laut Rechnung zu bezahlen hat, schon auf dem firmeneigenen Konto eingetroffen ist.