Warenfinanzierung: Alles, was Sie wissen sollten

Spätestens wenn es um die nächste Warenneubestellung geht, stehen kleine Unternehmen sowie Onlinehändler:innen oftmals vor einer großen Herausforderung. Denn häufig müssen Bestellungen schneller getätigt werden, als bereits eingenommene Umsätze ausgezahlt werden können. Es bedarf einer kurzfristigen Liquiditätsverbesserung mittels Darlehen.

Zusätzlich zu traditionellen Krediten hat sich in den letzten Jahren die Warenfinanzierung als Alternative etabliert. Und obwohl es entscheidende Vorteile gegenüber klassischen Darlehen gibt, ist diese Art der Finanzierung gerade bei jungen (Online-)Unternehmen jedoch noch recht unbekannt.

Was die Warenfinanzierung ist, welche Vorteile sie hat und welche Voraussetzungen Kreditgebende an sie stellen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Warenfinanzierung beschreibt die Aufnahme eines Kredits, mit dem Wirtschaftstreibende neue Waren vorfinanzieren, ohne dabei ihre Liquidität zu mindern. Durch die Finanzierung dieser Waren können Unternehmen neue Projekte annehmen und mehr Kund:innen beliefern, was wiederum den Umsatz steigert. Die Rückzahlung der Wareneinkäufe erfolgt dabei meist recht flexibel.

In der Warenfinanzierung unterscheidet man normalerweise zwischen drei Arten:

• Finetrading
• Warenbesichertes Darlehen
• Lieferantenkredit

Wareneinkaufsfinanzierung wird häufig mit Finetrading gleichgesetzt. Dabei ist Finetrading lediglich eine Methode der Wareneinkaufsfinanzierung.

Finetrader:innen, meist bankenunabhängige externe Unternehmen, fungieren dabei als Zwischenhändler:innen zwischen dem Lieferant:innenen und dem Unternehmen. Diese treten in den Vertrag mit den Lieferant:innen ein, übernehmen die Zahlung für die benötigten Waren und verlängern im Regelfall das Zahlungsziel für das Unternehmen.

Im Vergleich zu klassischem Finetrading, erfolgt beim warenbesicherten Darlehen kein Eingriff in die Beziehung zwischen Hersteller:in und Unternehmen.

Das Unternehmen verhandelt selbstständig mit dem Hersteller oder der Herstellerin und schließt einen Vertrag mit diesen ab, ohne dass der Kreditgeber oder die Kreditgeberin involviert ist.

Mittels warenbesichertem Kredit können außerdem nicht nur Produkteinkäufe finanziert werden, sondern die so gewonnene Liquidität kann auch für andere Zwecke verwendet werden. Auch eine Nachfinanzierung im Sinne einer Lagerfinanzierung ist möglich.

Auch die im Rahmen der Rückzahlung anfallenden Gebühren, sind beim warenbesicherten Darlehen meist niedriger als beim Finetrading.

Eine weitere Möglichkeit, um Waren vorzufinanzieren, ist der Rückgriff auf einen Lieferantenkredit.

Bei einem Lieferantenkredit gewährt der Lieferant oder die Lieferantin dem Kunden oder der Kundin eine Fristverschiebung der Rechnungsstellung, indem die Fälligkeit auf ein späteres Datum verlegt wird. Der Kunde oder die Kundin muss seine Rechnung erst zu einem späteren Zeitpunkt begleichen.

Dadurch wird zwar kurzfristige Liquidität geschaffen, aufgrund der recht kurzen Zahlungsziele (maximal 90 Tage) können die gewonnenen Geldmittel allerdings häufig nicht in längerfristige Projekte investiert werden. Eine Wachstumsfinanzierung ist mittels Lieferantenkredit daher häufig nicht möglich.

Oftmals finanzieren Unternehmen den Wareneinkauf mit Kontokorrentkrediten. Häufig lohnt es sich jedoch, die Warenfinanzierung als Ergänzung zu nutzen.

Wird der Rahmen des ursprünglich bewilligten Kontokorrentkredits stark überzogen, können zusätzlich höhere Zinsen anfallen. Bei der Verwendung einer Warenfinanzierung kann diese für den Wareneinkauf verwendet werden, laufende Kosten können mit dem Kontokorrentkredit gedeckt werden und die Zinsen bleiben langfristig stabil.

Da mittels Warenfinanzierung, aufgrund erhöhter verfügbarer Liquidität, meist größere Mengen beim Zulieferer abgenommen werden können, ist die Verhandlung von niedrigeren Einkaufspreisen möglich.

Bei nicht verderblicher Ware bietet sich auch die Möglichkeit, saisonale Rabatte zu nutzen. Dies ist regelmäßig dann möglich, wenn größere Mengen zu Zeitpunkten bestellt werden, an denen diese vom Hersteller oder der Herstellerin rabattiert angeboten werden, zum Beispiel aufgrund von Überproduktion oder aus saisonalen Gründen.

Mit einem Warenkredit kann die Zahlung für benötigte Waren auf die folgenden Monaten mit entsprechenden Umsatzrückflüssen verteilt werden. Eine Verlängerung des Zahlungsziels kann auf bis zu neun Monate ausgeweitet werden.

Im Rahmen einer Wareneinkaufsfinanzierung kann schnell und einfach kurzfristige Liquidität geschaffen werden. Durch die Verlängerung von Zahlungszielen bis zu neun Monate und flexible Einsetzbarkeit der Finanzierung können auch mittelfristige Projekte, wie etwa das Marketing oder der Markenaufbau finanziert werden, was zusätzlich zum Wachstum des Unternehmens beiträgt.

In der Regel eignen sich Warenkredite im Rahmen der Einkaufsfinanzierung für Produktions- und Handelsunternehmen, die Aufträge mit hohen Deckungsbeiträgen abschließen und die Einkaufskosten dabei nicht über ihren Cash Flow laufen lassen möchten.

Auch kleine und mittelständische Unternehmen (kurz: KMU) greifen bei einem kurzfristigen Finanzierungsbedarf und Wunsch nach einer höheren Liquidität häufig auf die Warenfinanzierung zurück – besonders, da klassische Banken die Antragstellung meist langwierig und aufwendig gestalten.

Die Warenfinanzierung bietet sich besonders für Unternehmen an, die auf längere Zahlungsziele seitens ihrer Lieferant:innen angewiesen sind. Außerdem ist die Einkaufsfinanzierung eine ideale Lösung, falls die Erfüllung von spontan eintreffenden Aufträgen mit hohen Kosten verbunden wäre.

Auch als Mittel zur Lagerfinanzierung eignet sich der Warenkredit gut, da so Kapitalbindung im Lagerbestand vermieden werden kann.

Auch mit einem strategischen Blick in die unternehmerische Zukunft kann die Warenfinanzierung Chancen bieten: In gewissen Situationen kann der Warenkredit den Zugang zu Folgeaufträgen erleichtern und sogar Gewinnmargen verbessern.

Auch der Wunsch nach einer Expansion kann dadurch begünstigt werden.

Obwohl eine Warenfinanzierung meist unkomplizierter zu realisieren ist als ein klassischer Bankkredit, gibt es doch ein paar Voraussetzungen, die Unternehmen für die Bewilligung erfüllen müssen. Kreditgebende Institutionen achten dabei besonders auf:

• Bestimmte Umschlaghäufigkeiten des Lagers
• Mindestgegenwert des gesamten Lagers
• Gut veräußerbare Waren und Güter
• Allgemein gute Kreditwürdigkeit

Welche Ausprägungen hierbei gegeben sein müssen, variiert je nach Bank oder Kreditgeber und der Höhe des angefragten Kredits.