Bürokratieentlastungsgesetz: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Die Bürokratie in Deutschland soll weiter abgebaut werden, um den Geschäftsalltag zu erleichtern! In einer Zeit, in der globale Herausforderungen wie der Klimawandel und die Digitalisierung den Unternehmensalltag prägen, wird nun aktiv an Lösungen gearbeitet, um Start-ups und etablierten Betrieben weiterhin mehr Freiraum zu geben.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten zeitraubende Formalitäten überspringen oder vermehrt auf digitale Lösungen in der Verwaltung zurückgreifen. Nach dem Input von 57 Verbänden und 442 konkreten Vorschlägen zur Bürokratieentlastung, steht nun eine Aktualisierung des bestehenden Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG) an. Unter der Leitung von Staatssekretär Benjamin Strasser soll noch dieses Jahr ein Gesetzesentwurf präsentiert werden, der den Geschäftsalltag weiter vereinfachen könnte.

Neugierig geworden? Für alle Unternehmer:innen könnte dieses Gesetz viele Vorteile mit sich bringen. Wir stellen Ihnen mögliche Details des anstehenden Bürokratieentlastungsgesetzes IV vor.

In der globalen Wirtschaft spielt Deutschland weiterhin eine zentrale Rolle. Das umfangreiche Bürokratiesystem stellt allerdings potentielle Hürden für seine wirtschaftliche Dynamik und Konkurrenzfähigkeit dar:

• Verzögerung von Geschäftsprozessen: Die Bürokratie in Deutschland kann oft langwierig und verwirrend sein. Dies verzögert Unternehmensgründungen, Betriebserweiterungen oder einfache Verwaltungsprozesse. Wenn Unternehmen Monate warten müssen, um Genehmigungen zu erhalten oder regulatorische Hürden zu überwinden, wird wertvolle Zeit und Energie verschwendet, die stattdessen in Innovation und Wachstum investiert werden könnte.
• Kostenbelastung für Unternehmen: Bürokratische Anforderungen bedeuten oft zusätzliche Kosten. Unternehmen müssen spezialisiertes Personal oder externe Beratungen bezahlen, um sicherzustellen, dass sie alle Vorschriften einhalten. Diese Kosten können besonders für Start-ups und KMUs, die über begrenzte Ressourcen verfügen, erheblich sein.
• Fehlende Innovation: Übermäßige Bürokratie kann Innovationen behindern. Wenn Unternehmen ständig sicherstellen müssen, dass sie eine Flut von Vorschriften einhalten, können sie aus Angst vor regulatorischen Konsequenzen zögern, neue Produkte zu entwickeln oder neue Geschäftsmodelle zu erforschen.
• Internationale Wettbewerbsfähigkeit: In einer globalisierten Welt konkurrieren Unternehmen nicht nur lokal, sondern auch international. Wenn ausländische Wettbewerber aus weniger bürokratischen Ländern schneller handeln und expandieren können, kann dies deutsche Unternehmen ins Hintertreffen geraten lassen.
• Vertrauensverlust: Ein zu komplexes bürokratisches System kann dazu führen, dass Unternehmen und Bürger:innen das Vertrauen in die Effizienz und Fairness des Systems verlieren. Dies kann zu mangelnder Zusammenarbeit, geringerer Steuermoral oder sogar zur Abwanderung von Unternehmen führen.

Natürlich muss in diesem Zusammenhang aber auch festgehalten werden, dass eine gewisse Bürokratie notwendig ist, um Ordnung, Struktur und Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Ein Übermaß daran kann allerdings Deutschlands wirtschaftliches Potential und seine Position auf dem globalen Markt beeinträchtigen.

Das Bürokratieentlastungsgesetz umfasst eine Reihe von Gesetzespaketen in Deutschland, die das Ziel haben, diesen administrativen Aufwand insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen zu verringern. Das Gesetz soll damit zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen und den Unternehmen dadurch mehr Spielraum für Innovations- und Wachstumspotentiale verschaffen. Hierbei geht es nicht nur um Steuervereinfachungen, sondern auch um andere bürokratische Hürden in unterschiedlichen Lebens- und Geschäftsbereichen.

Das erste Paket in der Serie der Bürokratieentlastungsgesetze wurde 2015 ins Leben gerufen. Es fokussierte sich auf die Vereinfachung der Buchführung und Aufzeichnungspflichten. So wurde zum Beispiel die Grenze für die Pflicht zur doppelten Buchführung von einem Jahresumsatz von 500.000 Euro auf 600.000 Euro erhöht. Dies war der Anfang eines umfangreichen Plans, der bürokratische Hindernisse abbauen und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen fördern sollte. Dieses erste Paket legte den Grundstein für weitere Maßnahmen und signalisierte, dass die Bundesregierung den Ruf der Wirtschaft nach weniger Bürokratie ernst nahm.

Mit dem zweiten Paket baute die Regierung 2017 auf den Erfolgen des BEG I auf und ging noch einen Schritt weiter. Neben weiteren Erleichterungen im Steuerrecht, etwa durch die Anpassung von Grenzwerten, wurden auch Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung gelockert. Eine zentrale Maßnahme war die Erweiterung der sog. "Geringfügigkeitsgrenze" für Kleinbetragsrechnungen. Das BEG II konzentrierte sich darauf, nicht nur den Unternehmen, sondern auch den Bürger:innen den Alltag zu erleichtern. Es verdeutlichte das kontinuierliche Engagement der Regierung, sowohl die Wirtschaft als auch die Bürger:innen von übermäßigen administrativen Lasten zu befreien.

Das BEG III stellte einen bedeutsamen Fortschritt in der Unterstützung von Unternehmen in Deutschland dar. Ziel des Gesetzes war es, die Last der Bürokratie weiter zu verringern. Ein wesentlicher Aspekt war die Nutzung digitaler Möglichkeiten: Die umständliche Papierarbeit für Krankmeldungen wurde durch eine elektronische Variante ersetzt und im Hotelgewerbe machten digitale Meldezettel den altmodischen Papierkram überflüssig.

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Insbesondere für Start-ups und Gründende brachte das Gesetz spürbare Veränderungen: Die Umsatzsteuervoranmeldung, die vorher monatlich fällig war, musste nun nur noch vierteljährlich eingereicht werden. Zudem wurden steuerliche Entlastungen vorgenommen: Die Grenze für die Kleinunternehmerregelung in Bezug auf die Umsatzsteuer wurde von 17.500 Euro auf 22.000 Euro angehoben. Dies bot kleineren Unternehmen mehr finanziellen Spielraum. Weitere Erleichterungen betrafen die Lohnsteuer: Die Pauschalierungsgrenze für kurzfristige Beschäftigungen und für beschränkt steuerpflichtige Beschäftigte wurde angepasst.

Ein weiteres Highlight war die Planung eines zentralen Registers mit einer einheitlichen Wirtschaftsnummer. Dies sollte die Firmenregistrierung modernisieren und effizienter gestalten. Nach intensiven Diskussionen wurde das Gesetz Ende 2019 von Bundestag und Bundesrat abgesegnet und trat Anfang 2020 in Kraft, wobei einige Bestimmungen bis 2022 schrittweise umgesetzt wurden.

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) und das Statistische Bundesamt haben nun in einem gemeinsamen Prozess weitere Vorschläge von Verbänden für den Bürokratieabbau gesammelt, kategorisiert und priorisiert. Damit soll das BEG IV verabschiedet werden.

Doch was bedeutet das für Sie im Geschäftsalltag? Hier sind einige der relevantesten Vorschläge, die in Kategorie 1 fallen und daher als besonders geeignet für gesetzliche Maßnahmen im BEG IV gelten:

• Bei der Anhebung der steuerlichen Buchführungsgrenzen wird vorgeschlagen, den Jahresumsatz auf 1.000.000 EUR und den Jahresgewinn auf 100.000 EUR festzusetzen. Diese Maßnahme könnte vielen Unternehmen helfen, ihre Buchführungspflichten zu reduzieren.
• Die Anpassung der Ist-Besteuerungsgrenze bei der Umsatzsteuer soll auf einen Jahresumsatz von 1.000.000 EUR angehoben werden. Dies könnte die Liquiditätsplanung von Unternehmen erleichtern.
• Im Außensteuergesetz wird eine Absenkung der Niedrigsteuergrenze der Hinzurechnungsbesteuerung auf 15% empfohlen. Dies soll eine klarere und einfachere Regelung für internationale Geschäftstätigkeiten schaffen.
• Beim Punkt “Textform statt Schriftform” geht es darum, "schriftliche" Erklärungen im Steuerrecht durch die Textform zu ersetzen. Dies könnte den Verwaltungsaufwand sowohl für Steuerzahler:innen als auch für die Finanzverwaltung verringern.
• Das Organisationskonto (OZG) soll in seiner Nutzerfreundlichkeit und Nutzbarkeit auf ELSTER-Basis optimiert werden, wodurch Bürger:innen und Unternehmen einen einfacheren digitalen Zugriff erhalten würden.
• Im Bereich der Umsatzsteuer wird die Ausweitung des Steuerschuldnerschaftsübergangs auf Lieferungen (bisher nur Werklieferungen und Dienstleistungen) in Erwägung gezogen. Dies könnte für Klarheit in der Verantwortung der Steuerabführung sorgen.
• Bei der Kassenbonpflicht soll eine Überprüfung der derzeitigen Regelungen erfolgen, um mögliche Verbesserungen oder Vereinfachungen zu identifizieren.
• Bei der Gewerbesteuer könnte es zu einer Anhebung des Freibetrags oder einer Ausweitung des Freiberuflerprivilegs kommen, wodurch bestimmte Berufsgruppen von der Gewerbesteuer ausgenommen werden könnten.
• Die Aufbewahrungsfristen könnten auf einheitlich fünf Jahre (statt 10 Jahre) verkürzt und die Datenübertragung digitalisiert werden. Dies würde den Verwaltungsaufwand für Unternehmen reduzieren.
• Schließlich wird vorgeschlagen, bei der Umsatzbesteuerung von Auto-Altteilen die Umsatzbesteuerung von wiederaufgearbeiteten Auto-Altteilen zu unterlassen, um die Wiederaufarbeitung und den Wiederverkauf zu fördern.

Wenn Sie die weiteren Vorschläge der Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau lesen möchten, klicken Sie hier.